Istanbul: Begründung für Aufhebung der Wahl enthält keine Hinweise auf möglichen Betrug

Istanbul: Begründung für Aufhebung der Wahl enthält keine Hinweise auf möglichen Betrug

Gestern hat die Hohe Wahlkommission ihre Begründung für die Aufhebung der Wahl des Bürgermeisters von Istanbul veröffentlicht. Am 31. März hatte überraschend der Oppositionskandidat Ekrem Imamoglu (imam-oolu) knapp gewonnen. Der Staatspräsident Tayyip Erdogan sprach darauf von organisierter Kriminalität im Zusammenhang mit den Wahlen. Eine regierungsnahe zeitung meldete zahlreiche Festnahmen von Wahlleitern. Tatsächlich wurde wohl niemand festgenommen. In dem 250 Seiten langen Schreiben der Wahlkommission finden sich indessen keine Feststellungen über wirklichen Wahlbetrug. Stattdessen werden formale Fehler und Unregelmäßigkeiten in einzelnen Wahllokalen gerügt. Nicht schlüssig erklären kann die Hohe Wahlkommission, warum sie mit 11 Stimmen die Aufhebung der Wahl beschlossen hat. Die Kommission hat nach der Verfassung 7 Mitglieder und 4 Ersatzleute. Warum die Ersatzleute mitgestimmt haben, obwohl niemand ausgefallen ist, entzieht sich etwas der Logik. Noch weniger ist einzusehen, warum nur die Wahl des Oberbürgermeisters annulliert wurde. Am gleichen Tag wurden in den gleichen Wahllokalen drei weitere Wahlen unter anderem der BezirksbürgermeisterInnen und StadträtInnen vorgenommen. Nur bei der Wahl des Oberbürgermeisters war die Opposition erfolgreich und nur diese Wahl wurde aufgehoben. Der Leiter der Hohen Wahlkommission Sadi Güven distanzierte sich persönlich von dem Beschluss seines Gremiums. Die Wahlwiederholung ist nun für den 23. Juni angesetzt.