Türkei: Häufig mehr abgegebene Stimmen als Wahlberechtigte

Türkei: Häufig mehr abgegebene Stimmen als Wahlberechtigte

Der private Verein „Oy ve ötesi“ zu deutsch etwa „Wahlstimme und darüberhinaus“ hat eine Reihe von Unstimmigkeiten bei dem Referendum am vergangenen Sonntag aufgedeckt. Das auffallendste Ergebnis war, dass für annähernd 2400 Wahlurnen mehr Stimmen gezählt wurden als Wahlberechtigte für sie registriert waren. In vielen Fällen stimmten auch die Angaben über die Verteilung von Ja- und Nein-Stimmen, die der Verein bei WahlhelferInnen vor Ort gesammelt hatte, nicht mit den offiziellen Zahlen der Wahlkommission überein. Die Abweichungen bei der Auszählung waren aber nicht so groß, dass sie alleine zu einem ganz anderen Ergebnis geführt hätten. Der Verein konnte die Angaben zu etwa 95 Prozent der Wahlurnen überprüfen.

Die Wahlkommission war insbesondere deshalb heftig kritisiert worden, weil sie entgegen einer ausdrücklichen Bestimmung im türkischen Wahlgesetz auch Wahlzettel und Umschläge für Wahlzettel zugelassen hatte, die nicht zuvor abgestempelt worden waren. Dies hatte der Vertreter der regierenden AKP, Recep Özel (re-dschep ösel, mit weichem s) bei der Wahlkommission beantragt. Darauf angesprochen, dass sein Antrag gegen das bestehende Wahlgesetz verstoße, gab Özel nun eine bemerkenswerte Begründung ab. Zitat: „Manchmal kann es sein, dass die Gesetze nicht dem Recht entsprechen.“

Die OSZE hatte den Ablauf der Abstimmung kritisiert. Die Kritik bezog sich auf die Behinderung von RegierungsgegnerInnen im Wahlkampf, die Verletzung gesetzlicher Vorschriften und die Behinderung von WahlbeobachterInnen des Europarates.

Die Wahlkommission hat Anträge der Oppositionsparteien auf eine Wiederholung der Abstimmung abgelehnt. Nach den offiziellen Angaben der Wahlkommission hatte Erdogan die Abstimmung mit 51,2 Prozent knapp gewonnen.