EU wirbt um Unterstützung im UNO-Sicherheitsrat für umstrittenen Einsatz gegen Flüchtlingsboote in Libyen

EU wirbt um Unterstützung im UNO-Sicherheitsrat für umstrittenen Einsatz gegen Flüchtlingsboote in Libyen

Die Aussenbeauftragte der Europäischen Union Federica Mogherini warb gestern um die Erlaubnis des UNO-Sicherheitsrats für einen EU-Militäreinsatz gegen Flüchtlingsboote in libyschen Hoheitsgewässern und an den libyschen Küsten. Am Anfang ihrer Rede schilderte sie die dramatische Lage im Mittelmeer. Drei Viertel aller Menschen weltweit, die bei Grenzübertritten starben, starben im Mittelmeer. In ihrer Rede versprach die EU-Aussenbeauftragte, dass keine MigrantInnen, die im Mittelmeer abgefangen würden, gegen ihren Willen zurückgeschoben würden. Der EU-Aussenbeauftragten ging es jedoch vor allem darum, die Unterstützung des UNO-Sicherheitsrates für einen Einsatz zur Zerstörung von sogenannten Schlepperbooten zu gewinnen. Auf einen solchen Einsatz hatten sich die zuständigen MinisterInnen der Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission geeinigt.

Eine Zustimmung im UNO-Sicherheitsrat für einen EU-Einsatz in Libyen ist nicht sicher. Die Veto-Mächte Russland und China stemmen sich gewöhnlich bei den Vereinten Nationen gegen Einmischung in Drittländern. Gerade in Libyen hatte die NATO bei den Kämpfen zwischen dem Kadhafi-Regime und den Rebellen 2011 ihren hart verhandelten UNO-Mandat überschritten, eine Flugverbotszone zu erzwingen.

Kritik für ihr Vorhaben erntete die EU von Vertretern der Vereinten Nationen und von NGOs. Der ehemalige EU-Kommissar und derzeitigen UN-Sonderbeauftragten für Migration Peter Sutherland sagte, bei Einsätzen, um Schlepperboote an der libyschen Küste zu versinken, könnten unschuldige Flüchtlinge und Kinder ums Leben kommen. Er sagte, die Zahl der Toten im Mittelmeer in den ersten 130 Tagen von 2015 belaufe sich auf das Zwanzigfache vom selben Zeitraum im Jahr 2014. Wenn es so weitergehe, würden die Zahl der im Mittelmeer verstorbenen MigrantInnen bis zum Herbst auf zehn bis zwanzig Tausend steigen. Dabei hätten die Hälfte dieser MigrantInnen einen legitimen Anspruch auf Schutz in der EU.

In den vergangenen Tage machten erneut mehrere Menschenrechtsorganisationen auf der Bedrohung von MigrantInnen in Libyen aufmerksam, wo die Lage chaotisch ist und die Kämpfe seit dem Sturz des Kadhafi-Regimes andauern. Human Rights Watch rief gestern den Internationalen Strafgerichtshof auf, stärker gegen Verbrechen in Libyen vorzugehen. Vertreibung und Gewalt gegen die Zivilbevölkerung im Land trage zu zahlreichen Fluchtversuchen per Boot bei. Amnesty International machte auf die entsetzliche Lage von Flüchtlingen und MigrantInnen in Libyen aufmerksam, die sie dazu bringen, ihr Leben im Mittelmeer zu riskieren. Flüchtlinge und MigrantInnen seien in Libyen unter anderem Opfer von Vergewaltigung, Folter, Entführung für Lösegeld, systematischer Ausbeutung und religiöser Verfolgung. Auch Pro Asyl lehnte den geplanten Militäreinsatz gegen sogenannte Schlepperboote ab. Durch die Zerstörung von Booten würden auch MigrantInnen getroffen. Ausserdem sei es gerade die EU-Politik der geschlossenen Grenzen, die die Flüchtlinge in die Hände von Schleppern treibe.