CarSharing boomt | Plus für Verkehrs-Wende

CarSharing boomt | Plus für Verkehrs-Wende

CarSharing boomt in Deutschland. Im vergangenen Jahr haben sich 45 weitere Anbieter auf dem CarSharing-Markt etabliert. Das stationsbasierte CarSharing weitete sein Angebot auf 100 neue Orte aus. Das free-floating CarSharing expandierte nicht in weitere Orte - die Zahl der bereitgestellten Fahrzeuge vergrößerte sich jedoch um fast 50 Prozent.

226 CarSharing-Unternehmen, -Genossenschaften und -Vereine bieten Anfang des Jahres 2020 an 840 Orten in Deutschland CarSharing an. Diese Expansion in neue Städte und Gemeinden wird von stationsbasierten CarSharing-Anbietern getragen. Die Zahl der Städte und Gemeinden mit einem reinen Free-floating-Angebot blieb hingegen mit jetzt 17 Orten gegenüber dem Vorjahr fast unverändert.

Gunnar Nehrke, Geschäftsführer des Bundesverband CarSharing, kommentiert: "CarSharing ist ein wichtiger Baustein nachhaltiger Mobilität. Je mehr sich das Angebot in der Fläche verbreitet, desto mehr AutofahrerInnen können ihr eigenes Auto abschaffen, ohne sich in ihrer Mobilität einschränken zu müssen."

Zu Beginn des Jahres 2020 wurden in Deutschland 12.000 Fahrzeuge im stationsbasierten CarSharing zur Verfügung gestellt. Die stationsbasierte Flotte vergrößerte sich damit gegenüber dem Vorjahr um 800 Fahrzeuge (plus 7,1 Prozent). Gleichzeitig erhöhte sich die Zahl der Fahrberechtigten im stationsbasierten CarSharing um 60.000 auf jetzt 710.000 KundInnen. Verbandsgeschäftsführer Nehrke verdeutlicht: "Das stationsbasierte CarSharing hat die höchste verkehrsentlastende Wirkung. Ein stationsbasiertes CarSharing-Fahrzeug ersetzt bis zu 20 private Pkw. Deswegen ist das Wachstum hier von besonderer verkehrspolitischer Bedeutung."

Im Marktsegment Free-floating ist die Fahrzeugflotte im vergangenen Jahr besonders stark gewachsen. Hier werden jetzt 13.400 Fahrzeuge bereitgestellt. Das sind 4.400 Fahrzeuge mehr als noch im Vorjahr, ein Plus von 48,9 Prozent. Der Grund für diesen massiven Anstieg der Fahrzeugzahlen ist vor allem der Markteintritt neuer, großer Anbieter aus der Automobilindustrie (We share) und der klassischen Autovermietung (Sixt share). Da die Zahl der Orte mit einem Free-floating-Angebot sich nicht verändert hat, entwickelt sich hier ein zunehmender Wettbewerb.

Parallel zum Markteintritt neuer Anbieter haben die beiden Marktführer im free-floating CarSharing, car2go und DriveNow, im vergangenen Jahr ihre Fusion vollzogen. Die Zusammenführung der KundInnen beider Anbieter wurde begonnen, war zu Beginn des Jahres 2020 jedoch noch nicht abgeschlossen. Die diesjährige CarSharing-Statistik im Marktsegment Free-floating enthält nur jene KundInnen, die zum 1. Januar 2020 bereits beim neuen, gemeinsamen Anbieter ShareNow registriert waren. KundInnen, die zum Stichtag nicht neu registriert waren, wurden nicht berücksichtigt. Dadurch fällt die Gesamtzahl der CarSharing-KundInnen im Marktsegment Free-floating um 230.000 gegenüber dem Vorjahr. Dieser Effekt wirkt sich auch auf die Gesamtzahl der CarSharing-KundInnen in Deutschland aus. Sie liegt zum 1. Januar 2020 bei 2.290.000 angemeldeten Fahrberechtigten.

Viele ehemals rein stationsbasierte Anbieter haben in den letzten Jahren zusätzlich zum stationsbasierten Angebot auch free-floating Fahrzeuge in ihre Flotten aufgenommen und bieten nun beide Varianten aus einer Hand an. Mittlerweile fahren 1.020 der insgesamt 13.400 free-floating Fahrzeuge in Deutschland in kombinierten Systemen. Verbandsgeschäftsführer Nehrke begrüßt diese Entwicklung ausdrücklich: "Kombinierte CarSharing-Systeme sind eine Innovation aus Deutschland. Neue Studien belegen, daß sie ebenso stark verkehrsentlastend wirken wie das stationsbasierte CarSharing. Kombinierte Systeme zeigen, daß man durch eine enge Verschränkung mit stationsbasierten Angeboten das free-floating CarSharing für die Verkehrs-Wende voll nutzbar machen kann."

CarSharing ist nicht nur ein Phänomen der Großstädte. Zu Beginn des Jahres 2020 stehen in 46,8 Prozent aller Orte mit einer Einwohnerzahl zwischen 20.000 und 50.000 CarSharing-Fahrzeuge zur Verfügung. Und auch in 445 Orten mit weniger als 20.000 Einwohnern gibt es mittlerweile stationsbasierte CarSharing-Angebote. Diese Zahlen zeigen, daß CarSharing auch im ländlichen Raum möglich ist. Anders als in den Städten ist CarSharing im ländlichen Raum jedoch in der Regel kein aus sich heraus tragfähiges Geschäftsmodell. Die Angebote werden oft von ehrenamtlichen Vereinen getragen oder von Kommunen mitfinanziert.

Die deutschen CarSharing-Anbieter haben die Verbreitung und Verfügbarkeit ihrer Dienstleistung auch im vergangenen Jahr 2019 weiter verbessert. Trotzdem bleibt das CarSharing mit etwas mehr als 2 Millionen KundInnen weiterhin ein kleiner Markt. Verbands­geschäftsführer Nehrke fordert daher: "CarSharing ist die ökologische Alternative zum privaten Pkw. Bund, Länder und Kommunen sollten das CarSharing als vierte Säule des Umweltverbunds endlich systematisch fördern."

Nehrke ruft insbesondere die Kommunen dazu auf, möglichst flächendeckend CarSharing-Stellplätze im öffentlichen Raum einzurichten. Ziel müsse es sein, daß kein Bewohner eines innenstadtnahen Wohngebiets weiter als 400 Meter von einer CarSharing-Station entfernt lebt. Zudem müssten endlich wesentliche Schritte unternommen werden, um den knappen öffentlichen Raum in den Städten neu zugunsten von ÖPNV und Fahrrad zu verteilen. Auch diese Veränderung würde mittelbar dem CarSharing als Auto-Baustein des Umweltverbunds helfen.

Kerstin Haarmann, Bundesvorsitzende des Verkehrsclubs Deutschland, sagt dazu: "Wir müssen Mobilität ganz neu denken. Individuelle Mobilität ist zukünftig digital - in der Stadt und auf dem Land. Apps schlagen mir vor, mit welchem Verkehrsmittel ich am besten zu meinem Ziel komme. Damit die umweltfreundlichen Verkehrsmittel eine echte Alternative sind, brauchen wir mehr Platz fürs Rad, deutlich weniger Autos und einen konsequenten Ausbau der Infrastruktur bei Bus und Bahn. Daß jeder im eigenen Pkw unterwegs ist, ist ökologisch wie ökonomisch Wahnsinn. Carsharing setzt genau an der richtigen Stelle an: Für einzelne Wege leihe ich mir zukünftig das Auto, das ich gerade brauche."