Rezension: Alex Beer „Felix Blom – Der Schatten von Berlin“

Alex Beer „Felix Blom – Der Schatten von Berlin“

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Alex Beer „Felix Blom – Der Schatten von Berlin“, Limes Verlag 2023

rezensiert von Hardy Vollmer – Radio Dreyeckland Freiburg

Es ist schon ein genialer Einfall der Autorin Alex Beer, dass die Aufklärung der Verbrechen in ihrem Roman: „Felix Blom – Der Schatten von Berlin“ ausgerechnet mithilfe einer „trojanischen Bank“ erfolgt. Das ist auch deshalb spaßig, weil zu Beginn des Romans das geplünderte Grab eines Berliner Archäologie Professors steht. Aber wenn man denkt, der Roman behandelt die etwas rabiate Art der Neubesetzung der Stellen im Archäologischen Institut der Universität Berlin, der irrt.


Wir befinden uns im Berlin des Jahres 1879. Zwei der führenden Gauner Berlins konkurrieren um den Kauf eines lukrativen Etablissements. Dessen Besitz verspricht reiche Beute. Gepanschter Champagner soll ausgeschenkt werden, um das Bedürfnis reicher Leute auszunutzen, in Saus und Braus zu leben. Oder wie es die Berliner Gaunergröße Alexander Lugowski ausdrückt: 
„ Den Menschen, die am Abend schick ausgehen, geht es nicht allein um Champagner und Streichquartette. Sie verlangen nach Einzigartigem. Nach dem Gefühl von Luxus und Exklusivität. Sie bezahlen dafür, sich in Glanz und Erhabenheit zu suhlen wie Schweine im Schlamm.“ (137)
Aber die Beiz ist teuer und die Gangsterkassen leer. Ein Plan wird entworfen, in dem ein geheimnisvolles Dokument eine zentrale Rolle spielt, um das Geld für den Kaufpreis zusammen zu bekommen. Die Jagd nach diesem Dokument bestimmt nun die Handlung des Romans und bei der Wahl der Mittel, um das Dokument zu bekommen, ist man nicht zimperlich. Leichen pflastern ihren Weg, wie man so sagt.
Die Autorin Alex Beer hat einige komplizierte Handlungsstränge entwickelt, die aber im Laufe der Handlung durchaus logisch zusammengehören und letztlich aufgeknüpft und gelöst werden können.
Zur Lösung des Knäuels hat die Autorin ein interessantes Ermittlerduo erfunden.  Die ehemalige Hure Mathilde Voss und den „Einbrecherkönig“ Felix Blom, genannt „der Schatten von Berlin“. 
Beide sind mehr gezwungenermaßen ins Milieu der Privatdetekteien gewechselt. Das Geschäft läuft aber schlecht und sie sind arm wie Kirchenmäuse. Ihr Büro liegt in einem der ärmsten Viertel Berlins, wo zahlungskräftige Kundschaft ausbleibt und zudem soll der ganze Wohnkomplex  durch einen Immobilienhai luxussaniert werden. 
„Das Schicksal trägt keine Schuld an unserer Misere. Die Reichen sind es. Sie beuten uns aus, sie halten uns klein. Sie tanzen und champagnisieren, während die Welt in Flammen steht“  (161), empört sich die Chefin der Privatdetektei Voss über den Grund ihrer missliche Lage. 
Mithilfe dieser richtigen Klassenanalyse und ihrer speziellen Milieukenntnisse und mit einer gehörigen Portion List und Tücke, gelingt es den beiden Privatdetektiven, sich durch den Dschungel der Berliner Milieus zu lotsen. Die Irrungen und Wirrungen sind vielfältig und am Ende kommt es, wie so oft in guten Kriminalromanen,  anders als man denkt.

Alex Beer hat einen spannenden, aber auch witzigen Kriminalroman geschrieben, der mit viel Liebe zur Detailschilderung die historischen Verhältnisse im Jahre 1879 beschreibt. 
So geht es in dem Roman nicht nur um der Reichen Genusssucht, sondern auch um deren Gegenpart, das arme Leben der Arbeiterklasse von Berlin, z.B. der  Wohnungsnot.
Und es geht auch um den Kampf der Sozialdemokratie gegen dieses Elend und  das Bismarkregimes, das  diesen Widerstand unterdrücken will.
Im Verlauf der spannenden Handlung lernt man so en passant viel über Klassenauseinandersetzungen, miserable Lebens- und Wohnverhältnisse,  über den Gaunerjargon und letztlich auch über die Ganovenehre. Denn schließlich ist es diese Ganovenehre, die die führenden Berliner  Gaunergruppen der damaligen Zeit zusammenbringt, damit sie gemeinsam dazu beitragen, dass der „Schatten von Berlin - Felix Blom” sein Meisterstück vollbringt.