AKW Cattenom: Katastrophale Zustände

AKW Cattenom: Katastrophale Zustände

Nach Informationen und Video-Aufnahmen, die dem luxemburgischen Greenpeace-Aktivisten Roger Spautz von einem Whistleblower zugespielt wurden, herrschen im französischen AKW Cattenom katastrophale Zustände. In dem Uralt-Atomkraftwerk plätschern zwischen Rohrleitungen Rinnsale, in einem Schacht sind elektrische Leitungen vollständig von einer Flüssigkeit bedeckt und manche Stellen des Atomkraftwerks gleichen einer wilden Müllhalde.

Das AKW Cattenom liegt im Nordosten Frankreichs an der Mosel, in der Region Lothringen,  lediglich zwölf Kilometer von der deutschen Grenze und neun Kilometer von der luxemburgischen Grenze entfernt. Seine vier Druckwasser-Reaktoren gingen in den Jahren zwischen 1987 und 1992 in Betrieb. Im Jahr 2017 war bekannt geworden, daß das AKW Cattenom von einem "seriellen" Fehler betroffen ist und einem mittelstarken Erdbeben nicht standhalten kann. Insgesamt sind mehr als 20 Atom-Reaktoren in Frankreich von diesem Sicherheitsrisiko betroffen. Chef des AKW Cattenom ist Thierry Rosso, der das AKW Fessenheim ab 2010 für sechs Jahre leitete und im Jahr 2016 von der EdF nach Cattenom versetzt wurde.

Laut Roger Spautz handelt es sich bei dem Rinnsal, das neben einer rostfleckigen Pumpe über ein Wirrwarr von Armaturen plätschert um ein ätzendes Kühlmittel. Sein sarkastischer Kommentar: "Das kommt vor, wenn sie vergessen, Dichtungen einzubauen."

Andere Aufnahmen zeigen Kabelstränge in einem mit Eisenplatten abgedeckten horizontalen Schacht, in dem sich eine bräunliche Flüssigkeit angesammelt hat. Die gesamte Szenerie wirkt wie die Überrest einer teilweise abgerissenen Fabrikhalle.

Ein anderes Foto wurde auf dem Dach des AKW Cattenom aufgenommen. In einem Ausschnitt sind am Horizont Wälder zu erkennen. Fast die gesamte Breite nimmt ein großer gelber Rollwagen ein. Rosafarbene und weiße Plastikplanen liegen achtlos hingeworfen teils auf dem Rollwagen, teils am Boden und sind weitgehend von Kügelchen und Flecken bedeckt - vermutlich von Tauben-Kot.

Laut Roger Spautz stammen die Aufnahmen von einem Whistleblower, der Zugang zum AKW Cattenom hat. Da Spautz - wie leicht zu verstehen ist - keine weiteren Angaben machen möchte, bleibt zu vermuten, daß die Aufnahmen von aufgebrachten AKW-Angestellten stammen und daß diese auf die gefährlichen Zustände aufmerksam machen wollen. Einige der Aufnahmen sollen aus dem Jahr 2022 stammen, andere seien in diesem Sommer entstanden.

Selbst kann Spautz keine solchen Aufnahmen machen, da er seit einigen Jahren das AKW nicht mehr betreten darf. Zuvor hatte er an einer Reihe von Inspektionen teilgenommen und davon berichtet, schon zu jener Zeit Haarsträubendes gesehen zu haben. Nachdem Greenpeace-AktivistInnen im Oktober 2017 unbemerkt auf das AKW-Gelände gelangt waren und auf dem Dach eines Abklingbeckens ein Feuerwerk entzündet hatten (siehe unseren <a href="akwter171012.html" target=_blank>Artikel v. 12.10.17</a>), erhielt Spautz Hausverbot. Greenpeace bewies mit einer ganzen Reihe solcher Aktionen, daß Atomkraftwerke gegen Terror-Angriffe völlig ungeschützt sind.

Auf der Wikipedia-Seite zum AKW Cattenom sind etliche besorgniserregende Vorfälle im AKW Cattenom aufgezählt - im Jahr 2013 etwa sind es sogar deren fünf. Es fehlt dort jedoch ein Hinweis auf den Areva-Skandal des Jahres 2016, von dem auch das AKW Cattenom betroffen ist. Die französische Stahl-Schmiede Creusot Forge hatte über Jahrzehnte nicht nur fehlerhaftes Material für Atomkraftwerke geliefert, sondern die Mängel durch gefälschte Sicherheits-Zertifikate zu kaschieren versucht. Seitdem dies im Jahr 2016 aufgedeckt wurde, ist bewiesen, daß  auch im AKW Cattenom sicherheitsrelevante Rohre einen schweren Materialfehler aufwiesen. Hinzu kommt, daß bei bei einer Neuanfertigung betroffener Rohre in Italien vorgeschriebene Sicherheits-Protokolle nicht eingehalten wurden. Somit weist auch dieses Material entsprechende Mängel auf.

Noch bis zum 11. März 2011 hieß es weltweit, japanische Atomkraftwerke seien sicher. Die Anti-Atom-Bewegung vertritt dagegen seit Jahrzehnten den Standpunkt, daß der Betrieb von Atomkraftwerken ein nicht zu verantwortendes Risiko darstellt.