Türkei: Proteste nach sehr harten Urteilen im sogenannten „Gezi-Prozess“

Türkei: Proteste nach sehr harten Urteilen im sogenannten „Gezi-Prozess“

Gegen am Montag in Istanbul gefällte harte Urteil gegen die angeblichen Organisator*innen der Gezi-Proteste gingen am gestrigen Dienstag in mindestens 17 Städten in der Türkei Menschen auf die Straße. Anfang Juni 2013 wehrten sich Istanbuler*innen gegen die Überbauung des kleinen Gezi-Parkes im Herzen der Stadt. Die Proteste wurden rasch zum Kristallisationspunkt einer breiten Bewegung gegen den damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Präsidenten Tayyip Erdogan. Erdogan hatte sich die Überbauung des grünen Fleckens am zentralen Taksim-Platz mit einem weiteren Einkaufszentrum selbst ausgedacht und zur Chefsache des Regierungschefs gemacht. Als es Proteste gab, meinte Erdogan zunächst herablassend: „Lasst sie doch demonstrieren!“ Das taten diese dann auch, den ganzen Sommer über. Rasch schlossen sich Proteste in anderen Landesteilen an. Beweggrund war bei vielen die Angst vor einer konservativ-islamistischen Kulturrevolution Erdogans. Minderheiten wie die Istanbuler LBGTQ-Aktivist*innen spielten eine große Rolle. Landesweit am wichtigsten war sicherlich die alewitische Minderheit. In manchen alewitischen Vierteln lieferten sich Jugendliche und auch Ältere über Monate jede Nacht eine Straßenschlacht mit der Polizei. Daneben gab es die verschiedensten Gruppen, Linke jeglicher Couleur, Feminist*innen, Armenier*innen, Teile der prokurdischen Bewegung, selbst die Rechtsradikalen „Grauen Wölfe“ teilten sich bezüglich Gezi in zwei Lager. Mittlerweile stehen sie aber fest zu Erdogan.

 

Am Ende ruderte Erdogan zurück. Den Gezi-Park gibt es noch immer. Doch Erdogan hat Gezi nie vergessen. Erst waren es irgendwelche Finanzspekulanten, die laut Erdogan die Proteste inszenierten, auch mal die BBC oder die Lufthansa, nun soll es der bekannte Mäzen Osman Kavala gewesen sein. Das Gericht hat ihn zu einer Haftstrafe bis an sein Lebensende ohne Begnadigungsmöglichkeit verurteilt. Das türkische Äquivalent zur Todesstrafe. Osman Kavala wurde vorgeworfen, die Proteste organisiert zu haben, um auf diese Weise die Regierung zu stürzen. 7 weitere Personen aus der Istanbuler Kultur- und Politszene sollen für jeweils 18 Jahre ins Gefängnis.

 

In Istanbul drängte die Polizei gestern in der Nähe des Gezi-Parkes mehrere hundert Demonstrant*innen in Seitenstraßen ab. Es gab zahlreiche Festnahmen. Auch ein Journalist wurde, die Hände mit Handschellen auf den Rücken gebunden abgeführt.