Türkei: Presseausweise von Journalist*innen kritischer Medien annulliert

Türkei: Presseausweise von Journalist*innen kritischer Medien annulliert

Während der Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan bei der Pressekonferenz mit Angela Merkel am Freitag vehement für Demokratie in Libyen eintrat, so wie er sie eben versteht, annullierte die Generaldirektion für Presse, Publikation und Information die Pressekarten zahlreicher Journalist*innen. Soweit bisher bekannt sind 19 Journalist*innen der linksorientierten Zeitung Evrensel und 7 Journalist*innen der ebenfalls linken BirGün betroffen. Außerdem wurde der Pressekarte eines Mitarbeiters der linksnationalen Cumhuriyet ebenfalls annulliert. Die Cumhuriyet vermutet, dass die Aufhebung des Presseausweises ihres Mitarbeiters Ozan Cepni mit Artikeln über Missbrauchsfälle in islamischen Erziehungseinrichtungen zusammenhängt. Es fällt auf, dass viele der Betroffenen besondere Funktionen in den Zeitungen innehaben, wie etwa Nachrichtenchef, Chefredakteur etc. Aufgehoben wurde auch die Pressekarte des Vorsitzenden der türkischen Journalist*innengewerkschaft TGS, Gökhan Durmus. Durmus ist zugleich stellvertretender Nachrichtenchef bei Evrensel.

 

Zuständig für die Vergabe der Pressekarte war früher das Amt des Ministerpräsidenten. Mit der Einführung des Präsidialsystems ging diese Funktion an das Amt des Staatspräsidenten Tayyip Erdogan. Vor einem Jahr wurde eine generelle Überprüfung der Pressekarten angekündigt. Auch in der Türkei arbeitende ausländische Journalist*innen warten auf die Erneuerung bzw. Vergabe ihrer Pressekarte. Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung sind an den Besitz einer Pressekarte gebunden. Durch die Verschleppung der Verlängerung wird nicht unerheblicher Druck auch auf die Auslandsmedien ausgeübt. In anderen Ländern sind Gewerkschaften für die Vergabe des Presseausweises zuständig.

jk