Türkei: Polizei beschlagnahmt Bücher des linken Belge-Verlages

Türkei: Polizei beschlagnahmt Bücher des linken Belge-Verlages

Die Polizei hat in Istanbul die Räume des Belge Verlages durchsucht und etwa 2000 Bücher beschlagnahmt. Ein Mitarbeiter des Verlages wurde vorübergehnd festgenommen. Die Polizisten nannten verschiedene Begründungen für ihre Aktion unter anderem, dass es sich um Bücher handele, die die terroristische Dev-Sol Bewegung unterstützten. Mit der in militante und dogmatische Flügel gespaltenen Dev-Sol hat der Belge Verlag allerdings reichlich wenig zu tun. Er wurde 1977 von dem Ehepaar Aysenur und Ragip Zarakolu gegründet. Trotz des Militärputsches von 1980 und der Gefahr jederzeit abgeholt zu werden (Ragip Zarakolu: "Wir warteten ständig darauf, dass die Gespenster kommen würden") machten Aysenur und Ragip Zarakolu weiter. Themenschwerpunkte waren die Lage der Minderheiten in der Türkei, Menschenrechte und linke Diskussion, aber auch Belletristik. Der Belge Verlag war der erste Verlag in der Türkei, der ein Buch zum Völkermord an den Armeniern herausbrachte. Ein Bombenanschlag wurde auf die Verlagsräume verübt, Prozesse und Verbote nahmen kein Ende. Im Jahr 2002 starb Aysenur Zarakolu an Krebs. 2011 wurde Ragip Zarakolu, der auch als Kolumnist einer prokurdischen Zeitung tätig war, in Untersuchungshaft genommen. Nachdem Ragip Zarakolu von Mitgliedern des schwedischen Parlaments für den Friedensnobelpreis nominiert worden war, wurde der Türkei die Sache offenbar zu heiß und Zarakolu wurde 2012 wieder aus der U-Haft entlassen.

Bereits nach dem Militärputsch 1980 wurden Bücher in der Türkei in großem Umfang beschlagnahmt und vernichtet. Man könnte meinen, Erdogan sei nicht der Überwinder des Militärs in der Türkei sondern sein Schüler.

jk