London will Brexit-Protokoll neu verhandeln, Brüssel, Dublin und Washington wollen das nicht

London will Brexit-Protokoll neu verhandeln, Brüssel, Dublin und Washington wollen das nicht

Der britische Brexit-Beauftragte David Frost hat am Mittwoch in einer Rede vor dem britischen Oberhaus die Neuverhandlung des Brexit-Protokolls über Nordirland gefordert. Nordirland galt von Anfang an als das schwierigste, vielleicht sogar unlösbare Problem des Brexits. Um ein Wiederaufflammen des blutigen Nordirland-Konflikts zu verhindern, sollte es keine neue Zollgrenze zwischen dem britischen Norden und der Republik Irland geben. Damit hätte aber Großbritannien, obwohl es aus der EU ausgetreten ist, einen exklusiven Zugang zum EU-Binnenmarkt. Das heißt, keine Zollschranken, keine EU-Normen. Zwar haben Waren aus Großbritannien auch weiter einen guten Zugang zum Binnenmarkt, aber nicht so wie über Nordirland. Das könnte sich nicht nur die Wirtschaft des Vereinigten Königreiches, sondern auch andere Interessenten zu nutze machen. Der Kompromiss, der schließlich gefunden wurde lief darauf hinaus, dass in Nordirland weiter die Regeln des EU-Binnenmarktes gelten und dass Großbritannien deshalb Waren zwischen seinem nordirischen Landesteil und dem Rest des Königreiches kontrolliert. Es gab eine Übergangsfrist, die schließlich verlängert wurde. Doch bereits jetzt stellt sich nach britischer Darstellung heraus, dass dies keine praktikable Lösung ist. Der Warenverkehr zwischen Nordirland und dem Rest wird zu sehr eingeschränkt. Würste aus England kommen deshlab mitunter nicht in Regale in nordirischen Supermärkten. Frost fordert, dass EU-Institutionen keine Rolle mehr bei der Überwachung des Abkommens spielen sollten. Übergangsregelungen sollten verlängert werden und rechtliche Streitigkeiten sollten pausieren. Eine „Periode des Stillstandes“ solle es geben.

 

Die EU-Kommission ist zwar zu „kreativen Lösungen“ bereit, was immer das heißen soll. Die Verträge will die Kommission aber nicht nochmal neu verhandeln. Auch der irische Außenminister Simon Coveney lehnte eine Neuverhandlung ab. Unterstützung bekommt die EU von der Regierung Biden in Washington. Diese hat London ebenfalls aufgefordert, sich an die Verträge zu halten. Trotzdem scheint ein Post-Brexit-Dauerstreit bereits programmiert.