Irak: Trotz vieler Toter lassen sich Demonstrierende nicht abschrecken

Irak: Trotz vieler Toter lassen sich Demonstrierende nicht abschrecken

Auch der Einsatz von scharfer Munition konnte die seit Anfang Oktober anhaltenden Proteste nicht beenden. Am Sonntag demonstrierten vor allem Schüler*innen und Studierende gegen die Regierung von Adel Abdul Mahdi. Nach Informationen des Senders Al-Jazeera waren am Freitag und Samstag mindestens 74 Menschen erschossen worden. Demonstrierende versuchten ihrerseits Regierungsgebäude, Parteibüros und das Zentrum einer schiitischen Miliz in Brand zu setzen.

 

Die Proteste richten sich nur vordergründig gegen die Regierung von Abdul Mahdi. Die Unzufriedenheit betrifft das gesamte politisch-ökonomische System des Irak. In dem nach dem Sturz von Saddam Hussein entstandenen System wird der Staat weitgehend von religiös oder ethnisch definierten Gruppen kontrolliert. Diese verfügen auch über bewaffnete Milizen. Wegen der Öleinnahmen ist der Staat auch ein wichtiger Arbeitgeber, vergibt aber Arbeitsplätze nicht nach Qualifikation, sondern nach Beziehung zu den herrschenden Eliten. Als Folge leben 23 % der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Die Versorgung mit Wasser und Elektrizität ist mangelhaft. Viele im Kampf gegen den Islamischen Staat zerstörte Orte wurden bisher nicht wieder aufgebaut.

 

Unter dem Druck der Demonstrationen hat Mahdi Reformen versprochen. Im fehlt aber die nötige Unterstützung im Parlament. Eine Sondersitzung des Parlaments am Samstag musste ausfallen, weil nicht genügend Abgeordnete erschienen waren. Die beiden Abgeordneten der kommunistischen Partei und zwei weitere Abgeordnete sind am Wochenende zurückgetreten.