Rechtswissenschaftlerin Fatma Ezzahra zur politischen Instabilität Tunesiens: „Die Unfähigkeit der drei obersten Inhaber der politischen Macht hat den Volkszorn verstärkt."

„Die Unfähigkeit der drei obersten Inhaber der politischen Macht hat den Volkszorn verstärkt."

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Über ein Jahrzehnt nach dem arabischen Frühling in Tunesien und dem Fall des Langzeitmachthabers Ben Ali herrscht in dem Land zunehmende politische Instabilität. Präsident Kaïs Saïed musste im Dezember 2022, kurz nach dem symbolträchtigen Jahrestag der Selbstverbrennung Mohamed Bouazizis, eine Wahlschlappe einstecken. Nachdem die Opposition erneut zum Boykott der Wahl aufgerufen hatte, schwächte die Wahlwiederholung im Januar 2023 seine Position nochmals. Nach der neuen Verfassung, die er im vergangenen Jahr selber schrieb und in einem Referendum knapp durchboxen konnte, scheint ihm dennoch sein Amt sicher. Wie reagiert die enttäuschte Bevölkerung?

Fatma Ezzahra
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Ausblick: Am 13. März 2023 gab es erstmals nach 20 Monaten eine Parlamentssitzung in der Hauptstadt Tunis, unter Ausschluss der Presse. Kritiker*innen fürchten, dass Saied Tunesien wieder zu einem autoritären Staat macht. Dafür steht sein Vorgehen gegen politische Gegner und Kritiker*innen sowie zahlreiche Festnahmen, laut Human Rights Watch ohne stichhaltige Anschuldigungen. Andererseits scheinen mit seinem autoritären Stil und den schlechten Wahlergebnissen sowie anhaltenden Protesten im Land auch Hoffnungen auf Veränderung nicht ausgeräumt. Das Land, das aus dem Arabischen Frühling 2011 als einziges als Demokratie hervorging, steht jedenfalls vor einer anhaltenden Krisenstimmung.