Weniger Autos für Freiburg: Der ruhende Verkehr ist der Schlüssel zur Verkehrswende

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Der ruhende Verkehr ist der Schlüssel zur Verkehrswende

Bewohnerparkausweise2008-2018

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(Kommentar) Um die Verkehrswende ernsthaft vorran zu treiben muss die Politik sich nach einer Pull-Strategie Phase, in der der öffentliche Nahverkehr und die Fahrradinfrastruktur in erheblichem Umfang ausgebaut wurde, nun entschlossen auch eine Push-Strategie verfolgen. Kernelement dieser neuen Phase muss es sein die Privilegien des privaten PKW Verkehrs abzubauen. Ein "Grundrecht auf Parken" kann sich unsere heutige urbane Gesellschaft einfach nicht mehr leisten. Der öffentliche Raum muss unter den Verkehrsträgern neu verteilt werden. Der Fokus muss auf Sicherheit und der aktiven Verkehrsfunktion liegen.

Auch wenn die Gemeinderäte in Freiburg kaum einen Einfluss auf die bundesweit geregelte Straßenverkehrsordnung hat gibt es durchaus kommunale Handlungsspielräume.

Parkende Autos, insbesondere die großen SUVs, behindern die Sicht von Radfahrer*innen und zu Fuß gehenden zum Beispiel beim kreuzen der Fahrbahn. In vielen Straßen Freiburgs wird die Mindestbreite der Gehwege (2,5 m) unterschritten, weil dort Autos abgestellt werden. In einigen Fällen geschieht dies illegal und wird von den Behörden geduldet und in anderen Fällen sind sogar Parkplätze ausgewiesen die aber den Geweg verengen. Auch der fließende Verkehr wird durch parkende PKWs ausgebremmst, wenn beispielsweise in der Schwimmbadstraße keine zwei Autos aneinander vorbeikommen. Dieses ständige Abbremsen und neu anfahren führt zu einem erhöhten Treibstoffverbrauch undbelastet die Luft mit mehr Abgasen und Feinstaub.

Bewohnerparken in Freiburg

Die Anzahl der Bewohnerparkausweise in Freiburgs Parkzonen ist zwischen 2008 und 2018 um 21 % angestiegen. Die Anzahl der insgesamt ausgegebenen Bewohnerparkausweise stieg in diesem Zeitraum sogar um 34 %, weil in diesem Zeitraum drei neue Bewohnerparkgebiete eingerichtet wurden: Herdern-West, Mooswald-Ost und Rheinstraße

Derzeit erhalten Bewohner*innen auf Antrag einen Bewohnerparkausweis, wenn sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen:

Antragsteller müssen in einem Bewohnerparkgebiet der Stadt Freiburg ihre alleinige Wohnung bzw. die von ihnen vorwiegend benutzte Wohnung haben und entsprechend gemeldet sein.
Sie dürfen über keine Garage oder privaten Parkplatz verfügen.
Das Kraftfahrzeug, für das eine Parkberechtigung ausgestellt werden soll, muss auf den Antragsteller zugelassen sein oder von ihm dauerhaft genutzt werden.
Allerdings räumt die Stadt Freiburg auf Nachfrage ein, dass im Einzelfall nicht geprüft wird, ob eine Garage oder privater Parkplatz zur Verfügung steht. Falls eine Falschangabe entdeckt werden würde, droht lediglich der Entzug des Bewohnerparkausweises. Der Betrugsversuch lohnt sich also - es kann einem nicht mehr passieren, als die Parkberechtigung wieder zu verlieren.

Das Verhältnis von Parkplätzen und ausgegebenen Bewohnerparkausweisen varriert stark in den jeweiligen Parkgebieten. Im Sternwaldquartier beispielsweise gibt es mehr als doppelt so viel Parpklätze wie ausgegebene Bewohnerparkausweise. Ganz anders sieht es im Kleinescholz zwischen Escholzstraße und dem Rathaus im Stühlinger aus. Dort kamen 2018 auf 368 ausgewiesene Parkplätze 1043 ausgegebene Bewohnerparkausweise was einer Belegungsquote von 2,83 entspricht. In dieser Parkzone hat sich übrigens die Anzahl der ausgegebeben Bewohnerparkausweise in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt was vermutlich mit dem Bau des Rathaus im Stühlinger und dem dadurch gestiegenen Parkdruck in Verbindung steht.

Das Verwaltungsgerichts Freiburg geht in einem Urteil von 2005 davon aus, dass die Ausgabe von Bewohnerparkausweisen erst ab einem mehr als dreifachen Belegungsgrad über die derzeit gängige Praxis eingeschränkt werden darf. Wenn mehr als drei Bewohnerparkausweise auf einen Parkplatz kommen kann von "einer echten "Privilegierung" von Innenstadtbewohnern zur Verhinderung der Stadtumlandflucht nicht mehr die Rede sein".

Das Verwaltungsgericht räumt der Stadt dann die Möglichkeit ein, durch eine Vergabepraxis die Ausgabe eines Bewohnerparksausweises "nach sachgerechten Kriterien einzugrenzen (z.B. Reduzierung des privilegierten Bewohnerkreises auf Familien mit Kindern, Alte, Gehbehinderte oder Anwohner mit Geschäft und Praxis bzw. im übrigen nach Losverfahren)."

Wenn die Stadt also die Mindestgehwegbreite von 2,50 m im ganzen Stadtgebiet durchsetzt, würden etliche Parkplätze wegfallen, was zu mehr Platz für den aktiven Verkehr führ, Gefahren reduziert und den Verkehrsfluss erhöht. Außerdem wird es weniger attraktiv das eigen Auto zu benutzen, wenn es nicht direkt vor der Türe abgestellt werden kann. In vielen Fällen wird das ohnehin eher den auf der Straße geparkten Zweitwagen betreffen. Schließlich gibt es dank der Landesbauordnung ausreichend private Stellplätze die natürlich weiterhin genutzt werden können.