Der Preis für den Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands zahlen Kurd*innen

Der Preis für den Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands zahlen Kurd*innen

Bei Verhandlungen im Vorfeld des Nato-Gipfels in Madrid hat Erdogan offenbar erreicht was er wollte. Im Gegenzug für die Aufhebung des türkischen Vetos gegen eine Nato-Aufnahme Schwedens und Finnlands haben die drei Staaten ein Memorandum unterschrieben in dem unterstrichen wird, dass die PKK eine terroristische Organisation ist. Erdogan und sein Außenminister strahlten bei der Unterzeichnung über das ganze Gesicht, türkische Journalist*innen klatschten, niemand sagte ein Wort.

 

Vor allem versprechen Finnland und Schweden auch gegen alle mit der PKK verbündeten Gruppen und Netzwerke vorzugehen. Die kurdische YPG-Miliz in Syrien wird dabei ausdrücklich erwähnt. Die YPG war und ist der wichtigste Verbündete westlicher Staaten im Kampf gegen die Terrororganisation „Islamischer Staat“. Schweden und Finnland verweisen außerdem auf die von der Türkei gewünschten Gesetzesänderungen, die Auslieferungen an die Türkei erleichtern sollen. Auf der türkischen Wunschliste stehen nicht „nur“ Kurd*innen, sondern auch mutmaßliche Unterstützer*innen der religiösen Gülen-Bewegung und nicht eindeutig zuzuordnende türkische Intellektuelle wie der 74-jährige Verleger Ragip Zarakolu, der unter anderem das erste Buch zum Völkermord an den Armenier*innen in der Türkei herausgebracht hat.

 

Die Zeiten, in denen die EU von der Türkei die Änderung von Gesetzen verlangte sind vorbei. Nun tritt in Schweden auf türkischen Wunsch ab 1. Juli ein Gesetz in Kraft, in dem der Begriff „Terrorismus“ weiter als bisher gefasst wird. Zugleich werden die Strafrahmen erhöht. Nach den Worten der schwedischen Regierungschefin Magdalena Andersson handelt es sich dabei um die „größte Überarbeitung“ der schwedischen Antiterrorgesetze seit 30 Jahren. Auch eine Änderung der Verfassung hat Andersson angekündigt. Außerdem verspricht Schweden der Türkei die Unterzeichnung eines Auslieferungsabkommens. Ferner sagte Andersson die Ausweisung von Personen zu, die eine „öffentliche Gefahr“ darstellten. Eine „beträchtliche Zahl“ werde gerade geprüft. Auch beim Thema Waffenlieferungen deuteten Vertreter*innen Finnlands und Schwedens an, dass sie ihre restriktive Haltung gegenüber Ankara aufgeben werden. Finnland hat nach dem Einmarsch der Türkei in Afrin 2019 ein Waffenembargo gegen Ankara verhängt. Nach schwedischem Recht sind Waffenlieferungen ins Ausland generell verboten, es sei denn die Regierung erteilt eine Ausnahmegenehmigung. Wahrscheinlich hat auch die an den Verhandlungen nicht direkt beteiligte US-Regierung eine Aufweichung ihrer restriktiven Haltung beim Verkauf von Kampfflugzeugen an die Türkei versprochen.