Atomforschungszentrum KIT | Desaströse Zustände | Wird die Nuklearbrennstoffentwicklung in Karlsruhe fortgesetzt?

Atomforschungszentrum KIT | Desaströse Zustände | Wird die Nuklearbrennstoffentwicklung in Karlsruhe fortgesetzt?

Die Anti-Atom-Initiative Karlsruhe und der BUND berichten von desaströsen Zuständen im sogenannten JRC, dem "Joint Research Centrum Karlsruhe" auf dem Gelände des KIT Nord. Dabei handelt es sich um das frühere ITU, das "Institut für Transurane". Das JRC vereinigt am Standort Karlsruhe den größten Teil der atomaren Forschung im Europa der EU.

Bei einer Vor-Ort-Besichtigung durch Mitglieder der Anti-Atom-Initiative Karlsruhe und des BUND stellte sich heraus, daß der dringend nötige Bau eines Lagers für hochgefährliche radioaktive Materialien mit zwei Meter dicken Außenwänden offenbar seit drei Jahren nicht vorankommt. Nach Insider-Informationen wird in Karlsruhe auch am "Brennstoff" für miniaturisierte Atomkraftwerke vom Typ SMR geforscht. Vor einigen Jahren hat dies der damalige ITU-Chef, Prof. Dr. Thomas Fanghänel, selbst bestätigt: "Nur wir können das."

Genehmigt ist am Standort der KIT nahe der Karlsruher Innenstadt, daß dort beispielsweise 180 Kilogramm Plutonium, 359 Kilogramm Uran, 450 Kilogramm Thorium und 30 Kilogramm Neptunium gelagert werden dürfen. Das sind große Mengen Nuklearmaterial für eine Forschungseinrichtung. Plutonium ist der weitaus gefährlichste und giftigste Stoff auf diesem Planeten. Eingeatmet genügt ein Mikrogramm Plutonium, um Lungenkrebs auszulösen.

Dieses gefährliche Nuklearmaterial müßte eigentlich sicher gelagert werden. Zu diesem Zweck sollte der Neubau des Flügels 'M' dienen. Bei einer Besichtigung durch Karlsruher Atomkraft-GegnerInnen am "Tag der Offenen Tür" des JRC hatte die Gruppe erwartet, ein fertiggestelltes Gebäude besichtigen können. Doch der Zustand war fast genauso wie im Jahr 2020 - also 3 Jahre zuvor. Es war lediglich auf den 2 Meter dicken Beton-Außenwänden eine Verkleidung angebracht worden. Innen waren die Wände gestrichen, ansonsten fehlte die Innenausstattung völlig.

Die neue Chefin des JRC, Dr. Ulla Engelmann, und ihre MitarbeiterInnen erklärten den Atomkraft-GegnerInnen den Stand des Baus. Die Firma, die den Innenausbau durchführen sollte, hatte die Kosten erhöht, die von der EU so nicht mehr akzeptiert wurden. Der Vertrag wurde aufgelöst. Nun soll die Neuausschreibung der gesamten Inneneinrichtung des Gebäudes 'M' noch im Dezember 2023 stattfinden. Die Lagerung der radioaktiven Stoffe im jetzigen Gebäude wird als besorgniserregend gesehen.

Das war aber nicht die einzige Überraschung für die Mitglieder des BUND und der Anti-Atom-Initiative Karlsruhe. Deren Kritik am JRC betraf immer vorwiegend die Forschung an "Brennstoffen" für neue Atomreaktoren, die in den "heißen Zellen" des JRC durchgeführt wurden. In "heißen Zellen" kann hinter dicken Blei-Glas-Wänden und mit mechanischen Greifarmen mit radioaktiven Stoffen hantiert werden. Ein vorläufiges Ergebnis dieser Forschung sind rund 30 Zentimeter kleine Brennstäbe mit einer neuen Art von Atombrennstoffen für neue Atomkraftwerke der sogenannten 5. Generation. Diese neuartigen Brennstäbe werden in ausländischen Atomkraftwerken einer Neutronenstrahlung ausgesetzt und dann in Karlsruhe weiter untersucht.

Die deutsche Anti-Atom-Bewegung fordert seit vielen Jahren, diese Forschung in Karlsruhe einzustellen. Nun erfuhr die Gruppe bei ihrer Besichtigung, daß die alten heißen Zellen des JRC "gesäubert" werden und vorhandenes Nuklearmaterial an die "Auftraggeber" zurückgesandt werden soll. Allerdings wurde die Frage, ob in dem Neubau 'M' eine neue heiße Zellen eingebaut werden soll und damit die Forschung an Brennstoffen fortgeführt wird, von der JRC-Chefin nicht eineindeutig beantwortet.