Türkei verliert interesse am Mordfall Khashoggi - Erdogan will Riad besuchen

Türkei verliert interesse am Mordfall Khashoggi - Erdogan will Riad besuchen

Der Staatsanwalt in einem Verfahren wegen des Mordes an dem saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi hat die Übergabe des Verfahrens an die Behörden Saudi-Arabiens beantragt. In Abwesenheit angeklagt sind in Istanbul 26 saudi-arabische Staatsbürger, die in den Mord verwickelt sein sollen und deren Auslieferung Saudi-Arabien verweigert.

 

Jamal Khashoggi war ein kenntnisreicher Kritiker des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, der de facto die bestimmende Person in der Politik des Königreiches ist. Zuletzt arbeitete Khashoggi als Kolumnist für die Washington Post. Am 2. Oktober 2018 hatte er einen Termin auf dem saudi-arabischen Konsulat in Istanbul, wo er Papiere abholen wollte, die er für seine Heirat brauchte. Doch seine türkische Verlobte wartete vor dem Gebäude des Konsulats vergebens. Saudi-Arabien wandt sich in Erklärungen für das Verschwinden Khashoggis. Schließlich musste der saudi-arabische Außenminister zugeben, dass Khashoggi ermordet wurde und dass er nicht etwa bei einem Unfall ums Leben gekommen sei. Verantwortlich für die Tat seien aber untergeordnete Stellen gewesen, die eigenmächtig gehandelt hätten. Ein nicht öffentlicher Prozess in Saudi-Arabien endete mit 5 Todesurteilen, die nicht vollstreckt wurden und drei Freiheitsstrafen. Zwei höhere Beamte wurden freigesprochen. Die Namen der Angeklagten bzw. Verurteilten wurden während des ganzen Verfahrens nicht öffentlich genannt und natürlich war eine Verwicklung des Kronprinzen kein Thema.

 

Wesentlich zur Aufklärung hatte beigetragen, dass der türkische Geheimdienst das Konsulat gut verwanzt hatte und schon in den ersten Tagen ständig neue Details an die türkische Presse durchgestochen wurden. Erdogan gab sich als Verteidiger der Menschenrechte und strafte damit indirekt alle im Westen Lügen, die die Türkei wegen zahlreicher und hoher Haftstrafen gegen Journalist*innen und anderen Menschenrechtsverletzungen anklagen. In einem Beitrag für die Washington Post beschuldigte Erdogan, die "höchsten Ebenen der saudi-arabischen Regierung" für den Mord verantwortlich zu sein.

 

Das fiel Erdogan damals besonders leicht, denn er befand sich gerade in bitterer Feindschaft zu Saudi-Arabien, Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Da war Erdogans leidenschaftliche Unterstützung für die Muslim-Brüder, seine Allianz mit Katar, unterschiedliche Positionen in den Bürgerkriegen in Syrien und Libyen. Doch mittlerweile hat Erdogan gemerkt, dass sein Kurs politisch kostspielig ist und wenig einbringt und versucht sich seit geraumer Zeit in einer Wiederannäherung an Ägypten und Saudi-Arabien. Die Unterstützung der Muslim-Brüder wurde massiv heruntergefahren und in einem Monat will Erdogan die höchsten Ebenen der saudi-arabischen Regierung in Riad besuchen. Es braucht nicht viel Phantasie um sich vorzustellen, dass die von der Regierung stark kontrollierte türkische Justiz bis dahin das nun leidige Verfahren endgültig nach Riad abgegeben und damit beerdigt hat. Am 7. April ist die nächste Verhandlung angesetzt und dabei ist dann mit der Einstellung des Verfahrens in der Türkei zu rechnen.

jk