„Sofagate“ führt zu diplomatischer Krise zwischen der Türkei und Italien

„Sofagate“ führt zu diplomatischer Krise zwischen der Türkei und Italien

Bei einer Pressekonferenz fand der italienische Regierungschef Mario Draghi klare Worte für die erniedrigende Behandlung der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen bei einem Besuch in Ankara. „Ich war sehr betrübt über die Demütigung, welche die Kommissionspräsidentin wegen dieser - nennen wir sie beim Namen - Diktatoren erleiden musste“, sagte Draghi. Darauf wurde der italienische Botschafter in Ankara ins Außenministerium einbestellt und der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu bezeichnete Draghis Kommentar als „hässlich und unvernünftig“.

 

Bei dem Treffen in Erdogans Weißem Palast in Ankara bekam der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel wie Erdogan einen Polsterstuhl hingestellt, während die Präsidentin der Kommission einen Platz fernab auf einem Sofa zugewiesen bekam. Von der Leyen blieb einen Moment stehen und räusperte sich vernehmlich als sie das sah. Als die Männer nicht reagierten, akzeptierte sie notgedrungen ihren Nebenplatz. Erdogan wird in diesem Zusammenhang nun frauenfeindliches Verhalten vorgeworfen. Die türkische Seite behauptet hingegen, dass alles so mit der europäischen Delegation abgesprochen war. Der Vorfall hat in den Medien den Spitznamen „Sofagate“ bekommen.

 

Tatsächlich ist der Fall nicht so einfach, wie er in der EU zum Teil gesehen wird. Mittlerweile hat sich der Vorgänger von Ursula von der Leyen, Jean-Claude Juncker zu Wort gemeldet und angegeben, ihm sei manchmal ähnliches passiert, weil der Präsident des Europäischen Rates formell höher gestellt sei. Wenn Erdogan eine Regierungschefin wie Angela Merkel empfängt, bekommt sie auch einen Polstersessel hingestellt wie Erdogan. Interessant wäre auch die Frage, warum der Präsident des Europäischen Rates einfach mitgespielt und sich mit der größten Selbstverständlichkeit auf seinen Ehrenplatz gesetzt hat. Da ist es auch nicht so klar wen Draghi noch meinte, als er von „Diktatoren“ in der Mehrzahl sprach.

 

Der grüne Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir kritisierte in diesem Zusammenhang das Verhalten der EU. Solche Zeichen würden Machos wie Erdogan und Putin setzen. Man müsse sich das aber nicht gefallen lassen. Respekt bekomme man bei den Herren nicht, wenn man es tue.

 

Von der Leyen hatte in Ankara unter anderem den von Erdogan erklärten Austritt der Türkei aus der Istanbul Konvention zum Schutz von Frauen kritisiert. Die Kritik ist aber nur verbal, Konsequenzen hat das ebenso wie die Missachtung von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte für Erdogan keine. Außerdem ist es ja eine vom Sofa aus vorgetragene Kritik. Ein wenig mehr Eindruck hätte es sicher gemacht, wenn Charles Michel Erdogans Sitzordnung nicht sofort akzeptiert hätte. Man lässt halt Erdogan machen was er will.