Jugendzentrum Kulturschock Zelle e.V.: Rechtsextrem motivierter Tötungsversuch in Reutlingen

Rechtsextrem motivierter Tötungsversuch in Reutlingen

baq.jpg

Jugendzentrum Kulturschock Zelle e.V. - ein kleines buntbemaltes ebenerdiges Häuschen mitten im Grün
Jugendzentrum Kulturschock Zelle e.V.
Lizenz: 
Keine (all rights reserved)
Quelle: 
https://www.kulturschock-zelle.de/wp-content/uploads/2016/12/baq.jpg

Am Nachmittag des 9. Juni 2023 kam es auf dem Außengelände des Jugendzentrums Kulturschock Zelle e.V. in Reutlingen nach einem Wortwechsel zu einem gewalttätigen Angriff mit einem scharfen Gegenstand auf einen 37-Jährigen. „Der 18-Jährige Angreifer stach dem 37-Jährigen, der sich zu dieser Zeit auf dem Gelände aufhielt, mehrfach ins Herz." Das berichtet das Jugendzentrum Kulturschock Zelle e.V. auf seiner Website. Das Opfer konnte Medienberichten zufolge nach dem Angriff trotz lebensgefährlicher Verletzungen selbst die Einsatzkräfte rufen, wurde notärztlich versorgt und in ein Krankenhaus gebracht, wo es sich erholen konnte. Der Täter floh zunächst zu Fuß, wurde noch am gleichen Tag noch von der Polizei vorläufig festgenommen und saß nach der Tat zeitweise in einer JVA. Ob er auch bis zum heutigen Tag dort verbleibt, ließ sich aus den verfügbaren Medienberichten nicht entnehmen.

Die örtliche Polizeisprecherin räumte ein, "dass es sich um eine rechtsmotivierte Tat handeln könnte« zitiert der Reutlinger Generalanzeiger. Das Medium gibt an, daß es laut Statisik zwischen 2015 und 2018 nur wenige rechts motivierte Straftaten und "noch nie" einen Tötungsversuch gab.

Die Zahlen dürften sich jedoch künftig ändern. "Solche grausamen Ereignisse sind wie wir wissen kein Einzelfall: Auch wir als autonomes Jugendzentrum bekommen regelmäßig den Hass von rechts zu spüren. So wurde im Dezember 2020 ein Brandanschlag auf unser Gelände verübt, welcher einen enormen Sachschaden verursachte", gibt Kulturschock Zelle e.V. an. Das Jugendzentrum berichtete damals von vermehrten Stickern der identitären Bewegung um das Zellegelände herum; von einem in Reutlingen lebenden Reichsbürger, der sich ein „'erschreckendes und perverses Waffenarsenal' mit über zwanzig Waffen zugelegt haben soll" und von einer steigenden Zahl von Mitmenschen mit rechtem Gedankengut - nicht nur in der Region, so betonen die Aktivisti*, sondern in der ganzen Bundesrepublik. Daß dies auch in gewalttätigen oder gar tödlichen Angriffen gipfeln kann, zeigen nicht nur die Ereignisse in Reutlingen - auch in Freiburg wurde bereits ein Linker von einem stadtbekannten Nazi mit einem Messer angegriffen. Ganz zu schweigen von den mehrfachen Prügelattacken eines rechten Anwalts gegen politische Gegner*innen in der Green City. Auch der Leuchtlinie - der Anlauf- und Beratungsstelle für die Opfer rechter Gewalt in Baden-Württember - zufolge steige die Anzahl der rechts motivierten Angriffe im Ländle 2022. "Die Hauptmotivation der Gewalttaten stellt Rassismus dar. Außerdem wurden vermehrt Attacken gegen queere Menschen registriert. [...] Unter die 166 Gewalttaten, die LEUCHTLINIE erfasste, fielen 78 Körperverletzungen (darunter 4 schwere), 67 Fälle von Nötigung/Drohung, 7 Brandstiftungen, 3 massive Sachbeschädigungen, 2 Tötungen und 9 sonstige/unklare Delikte. Das entspricht durchschnittlich einem Angriff alle vier Tage. Es wird von einer deutlich höheren Dunkelziffer ausgegangen."

Kulturschock Zelle e.V. fragt daher zu Recht: "Wo ist der Aufschrei!? Die Gefahr von Rechts ist groß – und sie wird größer werden. Eine solche gesellschaftliche Entwicklung ist als absolutes Notsignal zu betrachten! Nazis und Faschisten treiben ihr Unwesen .... und wir sind wütend über die nahezu fehlende Reaktion von Politik und Presse. Wenn wir selbst nicht gegen Nazis und Faschisten kämpfen, werden sie weiter mit ihren menschenverachtenden Hasstiraden schüren – ihre Propaganda kann Menschenleben kosten!"

dm