Kurden aus Ulm droht in der Türkei Verfolgung + Update: Nach verhinderter Abschiebung soll Muhammed Tunç nun am Donnerstag abgeschoben werden

Nach verhinderter Abschiebung soll Muhammed Tunç nun am Donnerstag abgeschoben werden

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Update: Die Abschiebung fand auch am Donnerstag nicht statt. Das Regierungspräsidium Karlsruhe erklärte auf RDL Anfrage: "Die Abschiebung konnte aufgrund des renitenten Verhaltens des Betreffenden nicht durchgeführt werden." Komisch, dass sich Leute wehren, die Angst vor Folter in der Türkei haben. Das RP hält aber an der Abschiebung fest: "Die Abschiebung des Betreffenden ist weiterhin vorgesehen. " (FK)

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Die Abschiebung des 33-jährigen Muhammed Tunç aus Ulm ist an diesem Mittwoch verhindert worden. Der hier geborene Kurde sollte in die Türkei abgeschoben werden. Nachdem er im Flugzeug am Stuttgarter Flughafen auf seine Abschiebung aufmerksam gemacht hatte, weigerte sich das Personal nach seinen Angaben, ihn an Bord zu behalten. Laut seinem Rechtanwalt ist der nächste Abschiebetermin aber bereits für diesen Donnerstag (17.02.) um 11 Uhr angesetzt, dann vermutlich mit einem Charterflug. Muhammed Tunç sitzt im Abschiebegefängnis Pforzheim. Wieder einmal rechtfertigen die Behörden, in diesem Fall das baden-württembergische Justizministerium seine Abschiebung mit einer "Straffälligkeit". Die zwei Verurteilungen erfolgten allerdings ganz offensichtlich nach zwei Auseinandersetzungen mit türkischen Nationalisten. Dass die grün-schwarze Landesregierung trotzdem die Gefahr einer politischen Verfolgung von Muhammed Tunç in der Türkei negiert, ist bemerkenswert.

Per Mail erklärte Muhammed Tunç am Mitwochabend:

"Gestern hatte ich Ihnen mitgeteilt, dass ich heute, den 16.02.2022, vom Flughafen Stuttgart in die Türkei abgeschoben werden soll. Nachdem von mir gestern durch maskierte Männer, in meiner Zelle mit Zwang, Abstriche für den Corona-Test entnommen wurden, wurde ich heute Vormittag zum Flughafen gebracht. Dort sollte ich mit einem Flug der Turkish Airlines in Begleitung von Beamten in die Türkei gebracht werden. Allerdings habe ich im Flieger friedlich und passiv allen Insassen verkündet, dass ich gegen meinen Willen abgeschoben werden soll, wonach sich Unmut unter ihnen regte. Schließlich weigerte sich auch das Personal mich an Board zu halten, weshalb meine Abschiebung „verschoben“ wurde. Laut Aussage des zuständigen Beamten soll ich „dann halt mit einem Charterflug“ in die Türkei gebracht werden. Soeben habe ich nun von meinem Anwalt erfahren, dass ich für MORGEN, 17.02.22 um 11.10 erneut einen ABSCHIEBETERMIN bekommen habe. Derzeit befinde ich mich wieder in Abschiebehaft in Pforzheim.

 Ich unterstreiche meine Aussagen von der gestrigen Erklärung: Mir drohen, aufgrund meiner Aktivitäten in Deutschland, in der Türkei Folter und Haft. Sollte ich morgen abgeschoben werden, sind die deutschen Behörden und Entscheidungsträger dafür verantwortlich, was mir zustoßen könnte, allen voran die Entscheidungsträger im Innenministerium und Justizministerium von Ba-Wü, die heute auch lautstark meine Abschiebung verteidigten.

 Dass mir in der Türkei keine politische Verfolgung drohe ist schlichtweg eine Desinformation. Derzeit befinden sich dutzende deutsche Staatsbürger in der Türkei in Haft, alle nur weil sie in Deutschland ihre Meinung zum türkischen Regime frei geäußert haben. Ich denke auch die Entscheidungsträger in Ba-Wü können sich gut vorstellen, was mit einem politisch unliebsamen „Almanci“ passieren kann, der aus Deutschland abgeschoben wird, und keinerlei Rechtssicherheit mehr genießt. Deshalb bitte ich diese nochmal ausdrücklich, die Entscheidung über meine morgige Abschiebung zu überdenken.

 Ich möchte hier auch an die demokratische Öffentlichkeit einen Appell machen: Bitte kommt morgen zum Schalter von Turkish Airlines in Stuttgart und protestiert gegen meine drohende Abschiebung."

Soweit Muhammed Tunç in seiner Mail. Wir werden über den Fortgang des Falls berichten. (FK)

Update 17. 2.: Nach Informationen von Radio Free FM konnte die Abschiebung zumindest bis zum 22. 2. hinausgezögert werden. Das heißt aber auch, dass sie keineswegs vom Tisch ist. jk