Frankreich: 8.000 Euro Strafgeld wegen Solidarität mit zwangsgeräumten Roma – Aktivisten legen Berufung ein

Frankreich: 8.000 Euro Strafgeld wegen Solidarität mit zwangsgeräumten Roma – Aktivisten legen Berufung ein

In Frankreich sind vor einigen Monaten zwei Aktivisten wegen angeblicher vorsätzlicher Gewalt gegen Polizisten verurteilt worden. Sie hatten sich im Winter für zwangsgeräumte BewohnerInnen einer informellen Siedlung eingesetzt, bei welcher es zu einer Drängelei mit der Polizei kam. Trotz der Umstände dieser Drängelei, trotz dubioser Verhaftungsmethoden (ein Zeuge hielt die Verhaftung mangels polizeilicher Kennzeichnung für eine Entführung) und trotz zurückgezogener Aussagen der Polizisten lautet das Urteil: rund 8.000 Euro Strafgeld. Die Aktivisten legten Berufung ein, trotz des Risikos, dass das Strafmass weiter erhöht wird. Unterstützung erhalten sie dabei von vielen Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen, von der Caritas bis hin zur Liga für Menschenrechte, sowie von linken und antirassistischen Initiativen, die das Verfahren als Prozess gegen die Solidarität und die Brüderlichkeit kritisierten.

Matthieu Cuisnier sprach mit François Loret, einem der beiden verurteilten Aktivisten. Er schildert zunächst die Situation an jenem 27. Januar 2015, dem Tag der Räumung.

 

Das im Beitrag erwähnte Rundschreiben vom Sommer 2012 wurde von sechs MinisterInnen der damals sozialistisch-grünen Regierung unterschrieben und gibt den Präfekten (VertreterInnen des Zentralstaates in den Regionen und Departements) einen Handlungsrahmen bei Zwangsräumungen. Es empfiehlt ihnen unter anderem, im Vorfeld von Räumungen alternative Unterkünfte für die Betroffenen zu organisieren, wobei das Dokument immer betont, dass dies von den Gegebenheiten abhängt.

Dieses Rundschreiben war eine Reaktion der neuen Regierung auf die seit 2010 grossangelegte Räumung von informellen Roma-Siedlungen unter der konservativen Regierung von Ex-Präsident Sarkozy, bei der die Grundrechte der Betroffenen aussen vor gelassen wurden. Tatsächlich stieg aber die Zahl der Zwangsräumungen von Roma-Siedlungen unter der sozialistischen Regierung weiter an. Menschenrechtsorganisationen kritisierten, dass das Rundschreiben zwar ein guter Ansatz sei, jedoch selten (angemessen) angewandt wurde.

Laut der Liga für Menschenrechte wurden im letzten Vierteljahr frankreichweit fast ein Drittel der SlumbewohnerInnen mindestens ein Mal zwangsgeräumt. Bei nur 11 von 42 Zwangsräumungen wurden alternative Unterkünfte organisiert.