Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte fordert Freilassung zweier türkischer Journalisten

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte fordert Freilassung zweier türkischer Journalisten

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat gestern der Klage der türkischen Journalisten Mehmet Altan und Sahin Alpay stattgegeben. Die RichterInnen sahen in den gegen sie erhobenen Anklagen unter anderem eine Verletzung der Pressefreiheit. Für die bereits verbüßte Haftzeit wurden ihnen Entschädigungen von jeweils etwas über 20 000 Euro zugesprochen. Die Straßburger RichterInnen sahen kein schuldhaftes Verhalten der beiden Journalisten. Nur weil Regierungen kritisiert würden oder Dokumente veröffentlicht würden, deren Geheimhaltung ein nationaler Führer wegen der nationalen Sicherheit für notwendig erachtet, müssten keine schweren Strafverfahren eröffnet werden, meinte das Gericht. Die betreffenden Strafverfahren umfassten Anschuldigungen wegen, Mitgliedschaft in einer Terrororganisation, Unterstützung einer Terrororganisation, Terrorpropaganda und Versuch des Umsturzes der Verfassungsmäßigung Ordnung und der Regierung.

Mehmet Altan war zu lebenslangen Haft ohne Begnadigungsmöglichkeit verurteilt worden. Das Urteil gegen Mehmet Altan und andere Journalisten wurde am gleichen Tag verkündet, an dem der Korrespondent der Zeitung Die Welt, Deniz Yücel freigelassen wurde. Mehmet Altan war als Journalist, Professor für Wirtschaftswissenschaft und Autor tätig. Er hat 25 Bücher geschrieben. Zusammen mit Mehmet Altan wurde auch sein Bruder Ahmet Altan zu lebenslanger Haft ohne Begnadigung verurteilt. Die gleiche Strafe erhielten auch die bekannte Journalistin Nazli Ilicak, sowie drei weitere Journalisten. Das Verfahren von Sahin Alpay ist noch nicht abgeschlossen und er steht unter Hausarrest.

Vor dem Europäischen Gerichtshof hatte bereits das Verfassungsgericht der Türkei die Freilassung von Mehmet Altan und Sahin Alpay angeordnet. Auch das türkische Verfassungsgericht war zu der Auffassung gekommen, dass keine schweren Vergehen vorlägen. Die Strafgerichte ignorierten aber erstmals in der Geschichte der Türkei die Anweisung des Verfassungsgerichtes und verurteilten Mehmet Altan zu der erwähnten lebenslangen Haftstrafe.

Als Mitglied des Europarates ist die Türkei verpflichtet, die Entscheidung des Straßburger Gerichts umzusetzen. Die Entscheidung ist jedoch noch nicht rechtskräftig, weil die Türkei noch drei Monate Zeit für einen Einspruch hat. Auch kann das Verfahren wieder aufgenommen werden.

Gestern empfingen 1200 RichterInnen und StaatsanwältInnen Erdogan bei einer Feier im Präsidentenpalast mit stehenden Ovationen. Am gleichen Tag wurden 350 Richterinnen und Richter versetzt.