Die angeblich neue Gentechnik soll den Pestizid-Einsatz mindern | Foodwatch: "Leere Versprechungen"

Die angeblich neue Gentechnik soll den Pestizid-Einsatz mindern | Foodwatch: "Leere Versprechungen"

Die VerbraucherInnen-Organisation Foodwatch warnt vor leeren Versprechungen hinsichtlich der angeblich neuen Gentechnik, die auf der "Gen-Schere" CRISPR-Cas beruht. Es sei illusorisch anzunehmen, daß mehr neue Gentechnik zu weniger Pestizideinsatz führt. Die Risiken sind hingegen immens: Eine Deregulierung des EU-Gentechnik-Rechts würde Agrar-Konzernen wie Bayer/Monsanto und Corteva eine noch stärkere Kontrolle über den Saatgut-Markt geben und damit langfristig den Pestizid-Einsatz erhöhen.

VerliererInnen bei einer Ausweitung des Einsatzes von Gentechnik wären Umwelt, Biodiversität sowie die VerbraucherInnen und die BäuerInnen. Die Erfahrungen der vergangenen 25 Jahre zeigen, daß der Einsatz von Gentechnik einen drastischen Anstieg des Pestizid-Einsatzes nach sich zog.

Dennoch behauptet die Agrar-Lobby derzeit besonders lautstark, mit neuen schädlings- und krankheitsresistenten Pflanzensorten den Pestizid-Einsatz reduzieren zu können: "Genome Editing hat das Potenzial, den Einsatz von Düngemitteln, Pestiziden usw. zu reduzieren, die Erträge zu steigern, die Ernährung zu verbessern und klimaresistente Pflanzen zu entwickeln." (Zitat aus: 'Genome Editing for Sustainable Agriculture in Africa') Diese Versprechen der Gentechnik-BefürworterInnen sind nicht neu. Bereits die "klassische" Gentechnik ging mit der Propaganda einher, auf diese Weise gleichzeitig den Pestizid-Einsatz zu reduzieren.

Stattdessen war in der Vergangenheit Folgendes festzustellen: In Ländern mit hohem Anteil an genmanipulierten Sorten ist in den 25 Jahren seit deren Einführung keinerlei Pestizid-Reduktion erzielt worden. In Brasilien beispielsweise hat sich der Pestizid-Absatz in den vergangenen 20 Jahren mehr als vervierfacht.
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<img src="glyphosat_global_1995-2015.jpg" alt="Glyphosat - Weltweiter Einsatz in der industriellen Landwirtschaft, 1995, 2000, 2005, 2010, 2014 - Grafik: Samy - Creative-Commons-Lizenz Nicht-Kommerziell 3.0" width="520" height="390">
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Groß-Konzerne werden Gentechnik - mit oder ohne CRISPR-Cas -  aller Erfahrung nach auch weiterhin dazu nutzen, um Saatgut über Patente zu kontrollieren und die landwirtschaftlichen Betriebe von sich abhängig zu machen. Dies führt zu einer höheren genetischen Uniformität, was wiederum einen höheren Pestizid-Einsatz zur Folge hat.

Die EU-Kommission will am 5. Juli neue Vorschriften zur Gentechnik vorstellen. Möglicherweise können Pflanzen der sogenannten neuen Gentechnik künftig ohne Kennzeichnung und ohne ausreichende Risikoprüfung auf den Markt kommen. Interessengruppen, Gentechnik-ForscherInnen und einzelne EU-Abgeordnete haben das Potenzial der Pestizid-Reduktion als ein wesentliches Argument vorgebracht, um eine entsprechende Lockerung der Kennzeichnungs-Regeln zu erreichen. Nicht nur das: Die Liberalisierungs-Pläne könnten dazu führen, daß in der Folge andere eher restriktive Gesetzesvorhaben der Brüsseler Behörde zum Pestizid-Einsatz eingestampft werden: die Pestizid-Rahmen-Verordnung (SUR) und das Nature Restoration Law (NRL). Offenbar sitzen LobbyistInnen in Brüssel an den Schalthebeln - besonders bei EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen ist dies unverkennbar.



Kommentar

Die Biolandwirtschaft hat längst bewiesen, daß auf Pestizide verzichtet werden kann und daß mit geringem Mehraufwand eine umweltverträgliche Landwirtschaft möglich ist. Der Ackerboden wird dabei geschont und kann zukünftigen Generationen in einem fruchtbaren Zustand übergeben werden, statt ihn aus Profitgier zu zerstören. Um diesen Planeten zu retten, ist der sofortiger Ausstieg aus der industriellen Landwirtschaft und die Umwandlung des Kapitalismus in eine demokratische Wirtschaftsordnung dringend notwendig.