Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte: Das britisches Anti-Terror-Gesetz schützte bis 2014 nicht genug vor Missbrauch bei Kontrollen

Das britisches Anti-Terror-Gesetz schützte bis 2014 nicht genug vor Missbrauch bei Kontrollen

Die britische Anti-Terror-Gesetzgebung schützte bis 2014 nicht genug die Grundrechte der Personen bei Kontrollen durch die Behörden. Zu diesem Schluss kam der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem Urteil.

In dem Fall ging es um eine französische Staatsbürgerin, die in Grossbritannien wohnt. Nachdem sie in Frankreich ihren Mann besucht hatte, der wegen terroristischer Straftaten inhaftiert war, wurde sie bei dem Rückflug im Januar 2011 an einem britischen Flughafen festgenommen. Die GrenzbeamtInnen erklärten ihr, dass sie sich nicht in Gewahrsam befinde und dass es keinen terroristischen Verdacht gegen sie gebe. Doch sie durchsuchten sie und versuchten sie zu verhören, wobei sich die Frau weigerte, ohne ihren Anwalt zu sprechen. Die BeamtInnen liessen sie erst zwei Stunden nach ihrer Landung frei.

Für diese Festnahme stützte sich die britische Grenzpolizei auf ein Anti-Terror-Gesetz vom Jahr 2000. Demzufolge durften die Grenzbehörden an internationalen Flughäfen, Häfen und Bahnhöfen Menschen festnehmen, durchsuchen und bis zu neun Stunden lang ohne Anwalt verhören, ohne dass es als Gewahrsam galt. Dafür brauchten die Behörden keine Genehmigung und nicht einmal einen Verdacht auf terroristische Aktivitäten, weswegen Betroffene kaum dagegen klagen konnten.

Die Frau wurde nachträglich verurteilt, weil sie sich ihren Pflichten laut diesem Anti-Terror-Gesetz widersetzt habe. Sie scheiterte mit einer Klage vor dem obersten britischen Gericht. Denn die britischen RichterInnen hatten die Gesetzgebung nach dem aktuellen Stand beurteilt und nicht nach dem Stand zum Zeitpunkt der Festnahme. Ein Gesetz von 2014 hatte den Behörden strengere Grenzen gesetzt.

Die Strassburger Richter ihrerseits beurteilten die Rechtslage nach dem Stand von 2011 und kamen zu dem Schluss, dass das Grundrecht der Betroffenen auf Privat- und Familienleben verletzt wurde. Sie befassten sich wiederum nicht damit, ob die Gesetzgebung nach 2014 den Ansprüchen der Europäischen Menschenrechtskonvention genügt.

(mc)