Wieder Angriffe auf alevitische Minderheit

Wieder Angriffe auf alevitische Minderheit

Etwa ein Siebtel der Bevölkerung der Türkei sind Alevitinnen und Aleviten. Manchmal werden sie dem schiitischen Islam zugerechnet, was ihrer in Anatolien ausgeprägten vielfältigen Kultur aber keineswegs gerecht wird. Durch Teile der sunnitisch-islamischen Mehrheit wurden sie immer wieder verfolgt und unterdrückt, sei es weil ihre Feste, an denen Frauen und Männer gleichermaßen teilnehmen, zu Projektionen nicht lebbarer versteckter Wünsche wurden, sei es weil religiöse oder politische Autoritäten Hass auf die Minderheit schürten, um daraus politisch Kapital zu schlagen. Die letzten Angriffe auf Aleviten waren die Massaker von Kahramanmaras 1978 (in einer Woche wurden mehr als 100 Menschen ermordet), Corum 1980 (wenige Monate vor dem Militärputsch), die Belagerung und der anschließende Brand eines Hotels in Sivas, bei dem am 2. Juli 1993 37 Menschen starben, die Mehrzahl alevitische Künstlerinnen und Künstler, die ein alevitisches Kulturfest besuchen wollten, die "Ereignisse" im Stadtviertel Gazi (Istanbul), die mit Schüssen auf von Alevit*innen besuchte Cafés und dem Mord an einem alevitischen Geistlichen begannen und zu Unruhen führten, bei denen die Polizei 15 Menschen erschoss. Die neuen Vorfälle waren zum Glück nicht blutig, doch dass die alevitische Minderheit wieder das Ziel war, ist unbestreitbar und weckt in den Köpfen natürlich die bösen Geister der Vergangenheit. Am 5. August wurden 5 verschiedene kulturelle Einrichtungen der alevitischen Minderheit in Ankara beschädigt. Am gleichen Tag griffen zwei Männer den Leiter eines alevitischen Versammlungsortes (Cemevi) in Istanbul mit Fäusten an und beleidigten ihn. Kurz darauf wurde auch die Scheibe eines alevitischen Kulturvereins in Düren eingeschlagen. Radio Dreyeckland sprach mit Dilan Kilic vom Vorstand der Alevitisschen Gemeinde, dem Dachverband der Alevit*innen in Deutschland. Dabei ging es auch um die zweifelhafte Rolle des türkischen Präsidenten Erdogan.

jk