Türkei: Nach Hasspredigt gegen LGBTQ fordern Imame Immunität auf der Kanzel

Türkei: Nach Hasspredigt gegen LGBTQ fordern Imame Immunität auf der Kanzel

Um den Chef vor einem drohenden Gerichtsverfahren zu bewahren hat die Gewerkschaft der Angestellten der staatlichen Religionsbehörde eine Immunität für alles was von der Kanzel gesprochen wird gefordert. Predigten sollten nicht zum Gegenstand gerichtlicher Untersuchungen werden.

 

Der Anlass war eine Predigt, die der Chef der staatlichen Religionsbehörde Ali Erbas (erbasch) am 24. April 2020 gehalten hat. Es war nicht das erste Mal, dass der höchste Imam der Türkei, der auch gerne mal mit einem Schwert in der Hand auf die hohe Kanzel steigt, das Missfallen seiner mehr liberal oder laizistisch eingestellten Landsleute erregte. Doch diese Predigt war noch heftiger als sonst. Nachdem er den Ehebruch als große Sünde abgehandelt hatte, ging Erbas dazu über Homosexualität zu verfluchen. Dabei nannte er Homosexualität im gleichen Atemzug mit Sodomie. Dann hatte er es von Krankheiten und dass eine Generation verdorben werde. Es hagelte Anzeigen. Staatsanwaltschaften und Gerichte kamen darauf nicht rasch in die Gänge. Trotzdem stören die Anzeigen die Religionsbehörde offenbar. Also schickte man die eigene Hausgewerkschaft vor. Deren Vertreter hielt Erbas zugute, dass er nichts gesagt habe, was nicht Gegenstand der Religion sei. Der Vertreter der Gewerkschaft zählte dann noch eine Reihe ähnlicher Fälle von Kritiken auf, die völlig unberechtigt seien, da die Prediger sich doch an den Koran hielten. Geistliche würden heute schon kritisiert, wenn sie nur Koranverse zum Zinsverbot zitieren würden. Wenn sie dann Koranverse zum Erbrecht zitierten, da würde man sie fragen, in welcher Zeit sie denn lebten. Hintergrund ist das mittelalterliche koranische Erbrecht, das Frauen benachteiligt, in der Türkei aber seit Atatürk keine Gültigkeit mehr hat.

 

Die Religionsbehörde Diyanet untersteht dem Präsidenten der Republik, der ihren Chef persönlich auswählt, wie es Erdogan mit Ali Erbas getan hat. Dem Diyanet unterstehen sämtliche Moscheen der Türkei. Die Behörde hat über 100 000 ausschließlich männliche Mitarbeiter, die vom Staat bezahlt werden. Zu den Ablegern im Ausland gehört in Deutschland die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V. bekannter unter ihrer Abkürzung DITIB. Religiöse Minderheiten wie die Alewit*innen sind im Diyanet nicht vertreten und die Ansichten der oberen Funktionäre der Religionsbehörde sind auch nicht immer repräsentativ für die Meinung der Gläubigen. Aber natürlich hat das Diyanet Einfluss auf das gesellschaftliche Klima.