Soll eine Archivseite nun die Fortführung von Linksunten Indymedia sein?: Staatsanwaltschaft nutzt Beschluss im RDL Verfahren für erneute Hausdurchsuchungen in Freiburg

Staatsanwaltschaft nutzt Beschluss im RDL Verfahren für erneute Hausdurchsuchungen in Freiburg

IMG_9573Linksunten.JPG

Free Media-Pressefreiheit erkämpfen von zwei Gerippen auf Stelzen vor einem Polizeiwagen transportiert
Lizenz: 
Keine (all rights reserved)
Quelle: 
RDL/kmm2017

Update 03.08: Es gibt mittlerweile einen Aufruf zur Demo am Samstag am Theatervorplatz in Freiburg "Der Versuch mit der Kriminalisierung des Archivs linke Geschichtsschreibung zu zensieren ist ein Angriff auf all die widerständigen Positionen und Momente, niedergeschrieben auf Linksunten und darüber hinaus." https://tacker.fr/node/12106

Die Autonome Antifa Freiburg hat weitere Details zu den Hausdurchsuchungen veröffentlicht. Demnach rammten BFE-Einheiten der Polizei die Eingangstüren von vier Wohnungen auf. Sie seien dann maskiert und schreiend in die Wohnungen gestürmt und hätten die angetroffenen Beschuldigten gefesselt.

-------

Interview mit Rechtsanwalt Lukas Theune, der einen der Betroffenen vertritt: 5:03

------------------------

An diesem Mittwoch fanden in Freiburg Hausdurchsuchungen gegen fünf Personen statt. Betroffen waren die Personen, die schon 2017 Durchsuchungen im Zusammenhang mit dem Verbot des konstruierten Vereins Indymedia Linksunten hatten. Eigentlich war das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen "Bildung einer krimineller Vereinigung" gegen die jetzt Betroffenen am 12. Juli 2022 eingestellt worden, weil die Karlsruher Staatsanwaltschaft damals keine Beweise finden konnte und damit keinen genügenden Anlass zur Erhebung einer öffentlichen Klage hatte. "Bis heute konnte offenbar keiner der bei den linksunten-Razzien im August 2017 beschlagnahmten Datenträger entschlüsselt werden", hatte damals die Autonome Antifa Freiburg vermeldet. Radio Dreyeckland hatte am 30. Juli über diese Einstellung des Ermittlungsverfahrens informiert. Infolge dieser Meldung, die auch einen Link zum per Suchmaschine leicht auffindbaren Archiv der ehemaligen open-posting-Plattform beinhaltete, fanden im Januar diesen Jahres Hausdurchsuchungen beim Verfasser der Meldung, beim Verantwortlichen im Sinne des Presserechts der RDL-Webseite und in den Räumlichkeiten von Radio Dreyeckland statt. Das Landgericht Karlsruhe hatte zunächst in einem ausführlich begründeten Beschluss entschieden, die Anklage gegen den RDL Redakteur, der die Meldung verfasst hatte, nicht zuzulassen. Die Staatsanwaltschaft setzte allerdings den Feldzug gegen die Pressefreiheit fort und legte gegen den Landgerichtsbeschluss wiederum Beschwerde ein. Am 12. Juni veröffentlichte das Oberlandesgericht Stuttgart dann den überraschenden Beschluss die Anklage doch zuzulassen. Genau diesen Beschluss nahm die Karlsruher Staatsanwaltschaft nun zum Anlass, die erneuten Hausdurchsuchungen zu veranlassen. Das Oberlandesgericht hatte nämlich in seinem handwerklich schlechten Beschluss, in dem es seitenweise einfach nur Wikipedia zu Indymedia Linksunten zitiert hatte, ausgeführt, dass es “überwiegend wahrscheinlich“ sei, dass die verbotene Vereinigung linksunten.indymedia fortbestehe und die Archivseite betreibe. Damit stellte sich das Gericht u.a. auch gegen die Einschätzung des Bundesinnenministeriums, das erst kürzlich erklärte, keine Erkenntnisse über eine Fortführung von Indymedia Linksunten zu haben. Die Hausdurchsuchungen an diesem Mittwoch, den 2. August, fanden nun explizit mit Verweis auf den Beschluss des Oberlandesgerichts statt.

Mit dem Mitteln des Vereinsrechts wurde mit der open-posting-Plattform Indymedia Linksunten ein Medium verboten. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe betrieb in der Folge ein Strafverfahren gegen eine angeblich bestehende kriminelle Vereinigung, die Indymedia Linksunten betrieben haben soll, konnte aber keine Beweise gegen die Beschuldigten finden, versuchte dann auch noch die Medienberichterstattung über diese juristische Niederlage zu kriminalisieren und nutzt jetzt dieses skandalöse Verfahren gegen uns und den skandalösen Beschluss des Oberlandesgerichts, um nochmal in die Privatsphäre von fünf Personen einzudringen und ihnen vorzuwerfen, dass sie für das Archiv von Indymedia Linksunten verantwortlich seien. Dass jenseits der Frage, ob die jetzt Durchsuchten wirklich in einem Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Archivs stehen, ein Archiv etwas völlig anderes ist als eine Open-Posting Plattform, die verboten worden war, scheint den Behörden egal zu sein.

In Baden-Württemberg funktioniert die Kontrolle wild gewordener Behörden nicht. (FK)