Schnellschuesse - die letzte Runde Kurzkritiken aus Cannes

Und hier kommen die letzten Kurzkritiken, bevor die Tore geschlossen werden - denn heute ist der letzte Tag des Festivals!

- "Miss Lovely", Regie: Ashim Ahluwalia (Indien)
Ein weiterer der indischen Independent-Filme auf dem diesjaehrigen Festival (siehe vorne die Kritik zu "Gangs of Wasseypur"), und leider wieder kein Renner: Der mit wackelnder Kamera und wenig Budget gedrehte Film erzaehlt von zwei Bruedern, die illegal kleine schmutzige Filme drehen (Erotik, Horror, Schraeges), alles Themen, die die staatliche Zensur offenbar nicht gestattet, um kleine Kinos mit verbotenem Schmutz zu versorgen.
Waehrend der aeltere der Beiden ein recht abgebruehter Geschaeftsmann ist, erweist sich sein Bruder als sensible Seele, empfindsam und etwas naiv, der sich Hals ueber Kopf in eine schoene Taenzerin und Darstellerin verliebt.
Aber weder die Geschaefte noch die Liebe wollen so, wie man es gerne haette...

Schnellschuesse - die letzte Runde Kurzkritiken aus Cannes

Und hier kommen die letzten Kurzkritiken, bevor die Tore geschlossen werden - denn heute ist der letzte Tag des Festivals!

- "Miss Lovely", Regie: Ashim Ahluwalia (Indien)
Ein weiterer der indischen Independent-Filme auf dem diesjaehrigen Festival (siehe vorne die Kritik zu "Gangs of Wasseypur"), und leider wieder kein Renner: Der mit wackelnder Kamera und wenig Budget gedrehte Film erzaehlt von zwei Bruedern, die illegal kleine schmutzige Filme drehen (Erotik, Horror, Schraeges), alles Themen, die die staatliche Zensur offenbar nicht gestattet, um kleine Kinos mit verbotenem Schmutz zu versorgen.
Waehrend der aeltere der Beiden ein recht abgebruehter Geschaeftsmann ist, erweist sich sein Bruder als sensible Seele, empfindsam und etwas naiv, der sich Hals ueber Kopf in eine schoene Taenzerin und Darstellerin verliebt.
Aber weder die Geschaefte noch die Liebe wollen so, wie man es gerne haette...

Rein von dem Grundgedanken her erinnert mich der Film sehr stark an einen wunderbaren italienischen Film von und mit dem phantastischen Komiker Maurizio Nicchetti mit dem Titel "Volere volare" von 1991, den ich vor Urzeiten einmal in einem Kommunalen Kino gesehen habe - auch hier ging es um zwei Brueder, der eine dreht skrupellos Pornostreifen herunter, der Andere ist ein schuechterner Kuenstler, der noch an die grosse Liebe glaubt, und in seiner Freizeit gerne zu Zeichentrickfilme Geraeusche macht... bis ihm die Traumfrau begegnet, aber leider aufgrund seines exzessiven Trickfilmkonsums eine seiner Haende sich in eine gezeichnete Animationshand verwandelt, was er naheliegenderweise verzweifelt vor seiner Angebeteten zu verheimlichen sucht...

Naja, ob geklaut oder nicht, kann ich nicht beurteilen, aber im Gegensatz zu dem alten Film damals hat das indische "Remake" leider wenig zu bieten, ausser viel Hektik, Brutalitaet und Geschrei. Viel Sex und nackte Haut (und das in einem indischen Film!), aber wenig inhaltliche Ueberraschungen, ausser vielleicht einem kleinen Einblick in die Produktionsbedingungen des indischen Undergrounds. Jedenfalls kein Film, der mich mitgerissen haette oder mir formal irgendwie Neues geboten haette. Schade.

- "The Paperboy", Regie: Lee Daniels (USA)
Der amerikansiche Wettbewerbsfilm des Regisseurs von "Precious" bietet wenig Hoehepunkt, sondern vielmehr gepflegte Langeweile, wenn wir dabei zusehen muessen, wie zwei ambitionierte Journalisten einen ihrer Ansicht nach unschuldig Verurteilten aus dem Gefaegnis holen wollen, indem sie sich bemuehen, damals von dem Gericht nicht berueksichtigte Fakten zu recherchieren und vorzulegen.
Einziger Hoehepunkt hierbei ist Nicole Kidman, die eine etwas abgewrachte Dame spielt, die es offenbar aufregend findet, einsamen Jungs im Todestrakt anzuegliche Briefe zu schreiben, und den Journalisten dabei helfen will, den reichlich ordinaeren und abgefuckten Hillary (auch ziemlich gut: John Cusack) aus dem Knast zu holen...
Kein schlechter Film, aber trotz einiger schraeger Elemente dann doch auch wieder zu mainstreamig, um wirklich Neues zu bieten, denke ich.

- "Jaws"/"Der weisse Hai", Regie: Steven Spielberg (USA)
Ein Hoehepunkt des Open-Air-Strandkinos dieses Jahr war zweifellos die Wiederauffuehrung des alten Albino-Schleckermaeulchens, in einer grossartig restaurierten Version, und vorab versehen mit einem Grusswort von Spielberg himself, der bedauerte, nicht in Cannes dabei sein zu koennen, aber per Videobotschaft aus der Ferne viel Spass wuenschte. Mehr braucht man dazu wohl nicht zu sagen, oder?

- "Despues de Lucia", Regie: Michel Franco (Mexico)
Ultrahartes mexikansiches Feel-Bad-Movie, das gekonnt und ueberzeugend gespielt, aber in kaum zu ertragender Brutalitaet die Grausamkeiten darstellt (und ausfuehrlich bebildert), mit denen eine sadistische Schulklasse ihre neue Mitschuelerin bis aufs Blut quaelen...
Oh, wie froh war ich, als der Film zuende war...! Warum nur kommen die allerbrutalsten Filme, die ich je auf Festivals gesehen habe, immer wieder aus Mexiko?

- "Red Tails", Regie: Anthony Hemingway (USA)
Uhh, ein heisser Kandidat fuer den schlechtesten Film des Festivals...!
Eine abgedroschene Armeeklamotte aus dem 2. Weltkrieg, als erstmalig eine schwarze Fliegerstaffel rekrutiert wurde. Antgegen allen Voruteilen und der ABlehnung einiger hoher Offiziere erweisen sich die afroamerikanischen Piloten dann aber als genauso faehig wie ihre weissen Kollegen - und die Sprueche, der Alkoholkonsum, die Maennerwitze ueber Frauen, die Pruegeleien im Camp und das Machogehabe der "coolen" Flieger zeigt sie auch in diesen Diszilpinen als ihren weissen Kollegen ebenbuertig, so zumindest beweist es der Film ueberraschenderweise seinem Publikum.
Die hoelzernen Dialoge und versammelten Klischees (mit einem Italien als Kulisse, wie man es sich heute selbst in Bilderbuechern nicht mehr zu illustrieren trauen wuerde, und hingebungsvoll ihre Befreier liebenden Italienerinnen, die selbst fuer ein Opernlibretto waehrend der Romantik als zu eingleisige Charaktere abgelehnt werden wuerden!) sind so steif und albern, dass es einem immerhin hin und wieder ein unbeabsichtigtes Schmunzeln entlocken kann. Und, klar, die Flugszenen sidn gut gemacht, keine Ueberraschung, wenn man bedenkt, dass George Lucas (Star Wars) Ausfuehrender Produzent des Streifens ist und Lucasarts fuer die visuellen Effekte gesorgt hat.

Und wenn wir schon davon sprechen, dann gleich zum eigentlichen Hoehepunkt des Abends:
George Lucas war anwesend! Und sprach die einleitenden Worte! Der Altmeister der Science-Fiction-Maerchen, der es sicher nochnie mit besonders differenzierten Charakteren in seinen Filmen hatte, aber dem ich doch so manche Traeumerei in phantastischen Welten verdanke, damals in den Achtzigern, als Star Wars 4-6 die Kinos der ganzen Welt zum Beben und ueberall in den Saelen die Todessterne zum Explodieren brachte...!

- "Therese Desqueyroux", Regie: Claude Miller
Der kurz nach den Dreharbeiten verstorbene franzoesische Regisseur legt hier einen weiteren Kostuemfilm vor, mit der Amelie-Darstellerin Audrey Tautou in der Hauptrolle. Der Film, der in den 20er Jahren in einem laendlichen Frankreich spielt, in den sogenannten "Landes", ist sicher kein Lichtblick im Programm, aber auch nicht uninteressant. Und erfreulicherweise wird hier Madame Tautou mit ihren grossen dunklen Kulleraugen hier mal ganz anders besetzt, naemlich nicht als die romantsiche Seele oder die sanfte Liebende, sondern als seltsame Zicke, die ihren Gatten zu vergiften trachtet und auch sonst ziemlich unnahbar bleibt. Allein das macht den Film zu einer willkommenen Abwechslung.

- "Killing them softly", Regie: Andrew Dominik (USA)
"Softly" ist hier gar nichts, ausser vielleicht der Filmmusik: Der Streifen ist ultrabrutal, Gangster und abgewrackte Kleinkriminelle machen sich gegenseitig fertig und zerlegen sich bis in die Einzelteile. Warum ich ihnen dabei zusehen soll, bleibt mir unklar, denn die abgedroschene Ganovengeschichte bietet nichts, was ich nicht schon hundertfach in anderen Werken des Genres gesehen haette. Brad Pitt ist nicht schlecht, und es gibt ein Wiedersehen mit einigen alten Haudegen aus dem Mafiafilm wie James Gandolfini oder Ray Liotta. Aber sonst? Ein komplett ueberfluessiger Film!

- "Amour"/"Liebe", Regie: Michael Haneke
Von vielen als der naechste heisse Kandidat fuer die Palme gehandelt, und das, obwohl der oesterreichische Regisseur ja hier in Cannes bereits vor zwei Jahren mit seinem Film "Das weisse Band" die Trophaee abgeraeumt hatte...!
Der ruhige, langsam erzaehlte und genau beobachtende Film zeigt uns ein altes Paar, und die Erschuetterungen, die in den geordneten Alltag der Beiden einbrechen, als sie Schritt fuer Schritt abbaut und irgendwann zum dementen Pflegefall wird. Er hatte ihr seinerzeit versprechen muessen, dass sie nie wieder in ein Krankenhaus muss, und er ist entschlossen, dieses Versprechen auch zu halten...
Sehr streng komponiert, auf wenige Figuren und die Raeume einer grossbuergerlichen Altbauwohnung beschraenkt, ist es sicher manchmal quaelend, Anne (Emanuelle Riva) bei ihrem schleichenden Niedergang zusehen zu muessen, doch ist der Film zugleich eine beruehrende Studie ueber die Zuneigung eines Paares, das beschlossen hat, entgegen aller Hindernisse zusammenzuhalten. Neben Riva spielt auch Jean-Louis Trintignant sehr ueberzeugend, und Isabelle Huppert als Tochter Evawertet das Darstellerensemble zusaetzlich auf.

ASR