Cafe Cannes - Cannes Blog Tag 6 - Dossier 13

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Alexander Sancho-Rauschel live aus Cannes

 

Nach einer recht interessanten Konferenz ueber das europaeische MEDIA-Programm und die Chancen und Probleme der europaeischen Filmfoerderung, zu der die zustaendige EU-Kommissarin fuer Bildung und Kultur, Androulla Vassiliou, hoechstpersoenlich eingeladen hatte (aber leider gleich nach der Begruessung wieder verschwand) und Doris Pack vom Europaeischen Parlament, die sich, wie es sich in Cannes gehoert, engagiert fuer die Verteidigung und den Erhalt der europaeischen Kinokultur in Zeiten der

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Digitalisierung aussprach. Peter Dinges von der deutschen Filmfoerderanstalt FFA beschrieb auf der Veranstaltung recht offen auch die Probleme der durchaus umstrittenen Foerderkultur, denn die grossen europaweiten Produktionen mit Foerdermitteln aus mehreren EU-Laendern zusammen sind nicht immer auch der Gipfel der Europaeischen Filmkultur, wie wir wohl alle schon manchmal gemerkt haben.

Dann aber ging es los mit den Filmen des Tages:

 

Der neue Film des iranischen Altmeisters Abbas Kiarostami, der in den 90er jahren enorme Erfolge auf den grossen Festivals erzielt hatte mit Meisterwerken wie „Quer durch den Olivenhain“ oder „Der Geschmack der Kirsche“, hat – ich weiss leider nicht ob aus politischen oder aus anderen Gruenden – erstmals einen Film ausserhalb des Irans gedreht. Die franzoesisch-italienische Produktion „Copie conforme“ (englisch: „Certified Copy“) ist zugleich sein erster Film mit im Westen bekannten Stars – Juliette Binoche spielt die weibliche Hauptrolle, und

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sie spielt sie grossartig…

Schade, dass das Drehbuch dennoch nicht recht ueberzeugen kann: Es ist die (Liebes-)Geschichte zwischen einem englischsprachigen Autor und seiner Uebersetzerin, die sein Werk ueber klassische Kunst uebertragen hatte und ihn nun bei einer Lesung in Florenz persoenlich kennenlernt.Sie reden, diskutieren ueber die Kunst und die Liebe, streiten sich, lernen sich kennen, und irgendwann beginnt die Uebersetzerin die Realitaet zu verwischen, ihn wie einen Ehemann anzusprechen, ein Spiel oder eine Verwirrung?Huebsch gefilmt, toll gespielt, aber letztendlich ein Film mit endlosen Dialogen und so gut wie ohne Handlung. Es erinnert an einigen Stellen an die Filme des kuerzlich verstorbenen Regisseurs Eric Rohmer, in denen auch oft ununterbrochen geredet wird, ohne leider deren Charme und Leichtigkeit zu erreichen. Sicherlich ist der Film leichter zugaenglich als die frueheren, eher sproeden Kunstwerke Kiarostamis, aber leider irgendwie auch… belangloser.
 

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Carancho“ dagegen hat mehr Spass gemacht: Das flotte Drama des argentinischen Regisseurs Pablo Trapero ist temporeich, unterhaltsam, voller Mafia und Liebe, korrupten Rechtsanwaelten und schoenen Notaerztinnen, abgewrackten Helden und Verkehrsunfaellen… Fehlt noch was? Ach ja, Drogen kommen auch drin vor. Was will man mehr?
Ein heruntergekommener Anwalt schmeisst sich in klassischer Grisham-Manier (war es nicht in „Die Akte“?) an Verkehrsopfer heran, um in deren Auftrag die Versicherungsgesellschaften zu verklagen… und verliebt sich in eine ueberarbeitete Aerztin.
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Gemeinsam gehen die Zwei gegen ein fieses Kartell korrupter Anwaelte vor, ohne dabei selber ganz sauber zu sein… Er gehoert schliesslich selber zur Branche, und sie bedient sich gerne mal selbst aus dem Medikamentenschrank… 

Alle Fotos: ASR
1. Die zustaendige EU-Kommissarin fur den Filmbereich, Androulla Vassiliou, in Cannes
2. Doris Pack vom EP und Peter Dinges von der FFA
3. Filmwerbung an den Hotels der Croisette - auch fuer Hollywood-Grossproduktionen, die hier in Cannes gar nicht laufen
4. und 5. Carancho-Regisseur Pablo Trapero und seine Hauptdarstellerin Martina Gusman