Unfall beim Abriß des AKW Fessenheim | Radioaktive Partikel im Gesicht eines Arbeiters

Unfall beim Abriß des AKW Fessenheim | Radioaktive Partikel im Gesicht eines Arbeiters

Mit fünf Tagen Verspätung wurde publik, daß am Mittwoch, 4. August, bei den Abriß-Arbeiten im stillgelegten AKW Fessenheim ein Arbeiter mit radioaktiven Partikeln im Gesicht kontaminiert wurde. Er war an Arbeiten beteiligt, die der Vorbereitung des Abtransports der hochradioaktiven Brennelemente dienen. Nach den Plänen der EdF sollen die Brennelemente in die wegen katastrophaler Zustände berüchtigte Plutonium-Fabrik La Hague transportiert werden.

Das französische Netzwerk für den Atomausstieg, Réseau Sortir du nucléaire, (RSDN), weist darauf hin, daß das am 29. Juni 2020 stillgelegten AKW Fessenheim auch jetzt noch keineswegs ungefährlich ist. Zur Zeit lagern die hochradioaktiven Brennelemente in Naß-Lagerbecken, die gegen Flugzeugabsturz völlig ungesichert sind. Wie sich nun zeigt, sind auch die Abriß-Arbeiten höchst gefährlich. Wenn schon die dabei eingesetzten ArbeiterInnen nicht vor radioaktiver Kontamination zuverlässig geschützt werden können, muß auch damit gerechnet werden, daß beim Abriß Radioaktivität nach außen gelangt.

Nach wie vor besteht in Fessenheim das Risiko eines Super-GAU. Fällt infolge eines Unfalls oder eines Anschlags die Kühlung eines Naß-Lagerbeckens aus, erhitzen sich die abgebrannten Brennelemente aufgrund der Nachzerfallswärme innerhalb kurzer Zeit bis auf rund 800 Grad Celsius. Sie entzünden sich dann selbst und Radioaktivität in der Größenordnung eines Vielfachen der Hiroshima-Bombe gelangt in die Umwelt. Je nach aktueller Windrichtung kann sich eine Todeszone dann quer durch Europa bis nach Dänemark und Schweden erstrecken.

Auch nach einem Abtransport nach La Hague ist dieses Risiko nicht gebannt. Das Risiko eines Super-GAU ist in einer Plutonium-Fabrik wie La Hague nochmals deutlich höher als in einem Atomkraftwerk. Hinzu kommt, daß solche Nuklear-Anlagen wie in La Hague und in Sellafield, die häufig immer noch fälschlich als Wiederaufarbeitungsanlagen bezeichnet werden, 40mal mehr Radioaktivität in die Umwelt abgeben als alle rund 400 weltweit betriebenen Reaktoren zusammen. Ein CASTOR-Transport von Fessenheim nach La Hague wäre also in jedem Fall völlig verantwortungslos.

Der aktuelle Unfall ereignete sich nach Aussagen der EdF beim Austausch eines Filters. Es wurden keine Angaben darüber gemacht, in welchem Bereich der Filter eingesetzt wird. Eben so wenig gab EdF Auskunft darüber, bei welchen Arbeiten der Betroffene kontaminiert wurde. Immerhin aber kam selbst der Strom-Konzern und AKW-Betreiber EdF diesmal nicht umhin, den Unfall auf Stufe Eins der INES-Skala zu deklarieren.

Wichtige Daten, um den Unfall zu beurteilen fehlen daher: Wie lange sich die radioaktive Kontamination im Gesicht des Betroffenen befand, welche chemischen Elemente oder Verbindungen die Partikel enthielten und wie hoch deren Stahlungsintensität war. Daher können auch keine präzisen Aussagen über die Dosis getroffen werden, die mit dieser radioaktiven Kontamination des EdF-Arbeiters verbunden war. Aus den Aussagen der EdF ist lediglich indirekt zu schließen, daß es sich um mehr als ein Viertel der maximalen Dosis handelte, die über einen Zeitraum von zwölf Monaten für Nuklear-ArbeiterInnen entsprechend den offiziellen Vorschriften zulässig ist.

Theoretisch müßte EdF als "Arbeitgeberin" alles Notwendige tun, um die Risiken für die ArbeiterInnen, die sich aus ihrer Tätigkeit ergeben, zu begrenzen. Dies wäre allerdings nur mit der sofortigen Stilllegung aller 56 Reaktoren in den 18 französischen Atomkraftwerken möglich. Und es war auch schon zur Zeit der Stilllegung des AKW Fessenheim im Juni 2020 damit zu rechnen, daß von EdF ein "Billig-Abriß" geplant wird.

Bereits bei einer Inspektion im April 2021 wies die französische Atomaufsicht ASN auf mangelnde Sauberkeit in den Räumen des Reaktorgebäudes 1 hin - Bauschutt, auf dem Boden zurückgelassene Schutzvorrichtungen und Ähnliches. Die ASN bemängelte seinerzeit eine signifikante radioaktive Kontamination. Wieder einmal ist festzustellen, daß die ASN dabei versagt hat, sich gegenüber EdF durchzusetzen.

Hier ist die am 9.08.2021 von EdF publizierte Mitteilung zu finden:

https://www.edf.fr/la-centrale-nucleaire-de-fessenheim/les-actualites-de...