Und sie bewegt sich doch - immer mehr grüner Strom in den Netzen der Welt

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Und sie bewegt sich doch - immer mehr grüner Strom in den Netzen der Welt

Über die Energiewende zu sprechen ist so etwas von out, dass man es doch glatt tun sollte. Ob es zu heiß wird, mit all den daran hängenden Folgen, ist eigentlich eine sehr praktische Frage, doch sie wird mittlerweile einfach zur ideologischen Frage erklärt. Ihr wisst, diese spinnerten Grünen. Wenn ausbuchstabiert geht das in etwa so: Deutschland ist mit seinem knapp einem Prozent der Weltbevölkerung zwar überproportional am CO2-Ausstoß beteiligt, aber doch nicht so sehr, dass man mit der Energiewende hier den globalen CO2-Anstieg irgendwie alleine beeinflussen könnte. Wenn wir weniger fossile Brennstoffe verbrauchen, dann macht das die Fossilen nur etwas billiger und die anderen verbrauchen deshalb um so mehr und angesichts dessen was die Chinesen mit ihren Kohlekraftwerken an CO2 in den Himmel pusten kann man zum Beispiel ein Tempolimit in Deutschland gerade mal vergessen. Die anderen tun ja nix, warum sollten dann wir?

 

Nun ist aber gestern der Global Electricity Review des Think Tanks Ember herausgekommen und er zeigt ganz deutlich, dass sich auch im Weltmaßstab etwas bei den Erneuerbaren tut. Trotz steigenden Verbrauchs wurden letztes Jahr bereits 30% der Stromerzeugung von den Erneuerbaren geleistet. Insbesondere die Photovoltaik macht große Sprünge. Dabei wird mittlerweile gut ein Drittel des weltweiten Solarstroms in China erzeugt. Weltweit nahm die Erzeugung von Strom aus der Photovoltaik im letzten Jahr um 23% zu. Also nicht in 10 Jahren, sondern in einem Jahr. Windstrom schaffte es auf noch immer beachtliche 10% Zunahme, während die Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen nur um 0,8% zunahm. Die Autor*innen der Studio rechnen damit, dass die Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen in diesem Jahr erstmals rückläufig sein wird und dass sich dieser Trend in den folgenden Jahren verstärken wird.

 

Damit ist der Planet noch lange nicht über den Klimaberg, denn selbst wenn alle Elektrizität ohne Verbrennung fossiler Brennstoffe erzeugt würde, gäbe es ja noch die Verbrennungsmotoren, Öfen etc. Aber die Elektrifizierung der Welt macht ja auch Fortschritte, z. B. in der Autoflotte Chinas.

 

Schauen wir nun auf das heimische Beispiel. Letztes Jahr betrug der Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung in Deutschland rund 60%. Das Doppelte des Weltdurchschnitts. Not too bad könnte man sagen. Doch drumherum hapert es an allen Ecken und Enden. Flaute bei Elektroautos, Flaute bei Wärmepumpen, ein Netzausbau im deutschen Schneckentempo, fehlende Speichermöglichkeit von überschüssiger erneuerbarer Energie als Reserve für die Dunkelflaute. Dafür sollen 10 Gaskraftwerke gebaut werden als Reserve, die zukünftig mit grünem Wasserstoff betrieben werden können. Ob Turbinen, die mit Erdgas laufen, auch mit Wasserstoff laufen können, ist aber kaum erprobt. Etwas Drive ist zwar vorhanden, aber überall hapert es mit der Energiewende made in Germany.

 

Das liegt auch an politischen Blockaden und so wie sich die Opposition innerhalb und außerhalb der Regierung auf die grüne Energiepolitik eingeschossen hat, wird sich vermutlich an Knüppeln, Blockaden und Stillständen in den nächsten Jahren wenig ändern. Und im Hintergrund steht eben das Gefühl, warum sollen wir uns anstrengen, wenn es doch für die Katz ist, weil die anderen nix tun. Aber das eben ist falsch. Die Welt dreht sich und sie dreht sich natürlich nicht um Deutschland. Muss sie auch nicht.

jk