100 Jahre nach dem Ende des deutschen Kolonialreichs: Tansania fordert Deutschland offiziell zur Rückgabe gestohlener Körperteile von Kolonisierten auf

Tansania fordert Deutschland offiziell zur Rückgabe gestohlener Körperteile von Kolonisierten auf

Auf der Konferenz „Shared Heritage?“ am 27./28.10.2018 in Berlin haben der tansanische Aktivist M.S. Mboro, der Botschafter Tansanias Abdallah Possi und der Afrika-Experte Henning Melber die Bundesregierung, die Bundesländer und speziell die mit Präsident Hermann Parzinger auf dem Podium vertretene Stiftung Preußischer Kulturbesitz zur Rückgabe von Köpfen, Skeletten und anderen Körperteilen von Menschen aus der ehemaligen Kolonie „Deutsch-Ostafrika“ aufgefordert.

Die sterblichen Überreste in den deutschen Kolonien Ermordeter oder Exhumierter waren zwischen 1885-1914 zu Tausenden für anthropologische Forschungen in verschiedene deutsche Universitäts- und Museumssammlungen geschickt worden. Allein in Berlin werden in den drei vorhandenen Sammlungen die Körperteile von ca. 8000 Menschen aus dem Globalen Süden vermutet. Aus dem Gebiet des heutigen Tansanias sind bislang 250 Individuen identifiziert.

Der SPK-Präsident Hermann Parzinger sagte deren Rückgabe zu und versprach, sich gemeinsam mit den zivilgesellschaftlichen Organisationen und Nachfahren für mehr staatliche Mittel zur Identifizierung der human remains in transnationalen Forschungsprojekten zu engagieren.

Zudem erklärte Parzinger, dass 2019, nach dem Abschluss der in Berlin laufenden Provenienzrecherchen zu den ca. 900 Kolonisierten aus Ruanda und denen aus Tansania, auch rückgabevorbereitende Forschungen für die umfangreichen Gebeinssammlungen aus Kamerun, Togo und Papua-Neuguinea beginnen werden.

Ehrengast der vom Tanzania-Network.de veranstalteten Konferenz war der 87jährige Isaria Meli aus Moshi am Fuße des Kilimandjaros, der seit über 50 Jahren auf der Suche nach dem Haupt seines Großvaters Mangi Meli ist, welcher 1900 von den Deutschen gehängt und enthauptet wurde. Die SPK wird seine DNA mit der von sechs in Frage kommenden Gebeinen aus Tansania vergleichen, um möglicherweise den Schädel des ermordeten Widerstandskämpfers identifizieren zu können.

Mnyaka Sururu Mboro von Berlin Postkolonial: „Ich bin sehr froh, dass Tansania nach 100 Jahren nun endlich auch offiziell informiert wurde und sogleich die Rückgabe unserer Ahnen gefordert hat. Wir bitten nun auch die Sammlungen in Bremen, Leipzig, Dresden, Freiburg, Göttingen usw. darum, unsere Botschaft unverzüglich über Hinweise auf Körperteile aus Tansania zu informieren und mit der gründlichen Provenienzrecherche zu beginnen. Bund und Länder müssen dafür umgehend die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen.“

berlin postkolonial