Türkei: Religionsbehörde lässt gegen Zinsen predigen

Türkei: Religionsbehörde lässt gegen Zinsen predigen

In der von der Generaldirektion für religiöse Dienste verfassten heutigen Freitagspredigt wenden sich die Imame vor allem gegen Zinsen. In der Predigt, die für alle Imame in der Türkei verbindlich ist, heißt es, Zinsen seien illegaler Gewinn ohne Arbeit und Schweiß, eine Sünde mit schweren Konsequenzen in der Welt und im Jenseits. Der Zins errege den Zorn Gottes.

Mit dem Versprechen, die formell unabhängige Zentralbank zu niedrigen Zinsen zu zwingen, war Erdogan in den Wahlkampf für die Präsidenten- und Parlamentswahl am 24. Juni gestartet. „Wer die Zinsen erhöht bekommt es mit mir zu tun“ erklärte Erdogan am 4. April. Als er seine Antizinspolitik auch während eines Besuchs in London vor institutionellen Anlegern wiederholte, brach der Kurs der Türkischen Lira ein. Auf dem Höhepunkt der Krise schlossen Geldwechsler in Istanbul ihre Büros, weil sie mit den fallenden Kursen nicht hinterher kamen. Die türkische Zentralbank erhöhte darauf die Zinsen um 3 Prozent und durch die Zusammenlegung unterschiedlicher Zinssätze einen zweiten Satz um 8,5 Prozent. Der Kurs der Türkischen Lira stabilisierte sich darauf auf niedrigem Niveau. Der Kursverfall heizt die ohnehin zweistellige Inflation weiter an. Es besteht die Gefahr, dass viele Firmen in Konkurs gehen, weil sie das starke Wachstum der vergangenen Jahren mit Krediten in Dollar oder Euro finanziert haben und nun aufgrund des schlechteren Kurses der Lira ihre Zinsen und Tilgungsraten nichtmehr aufbringen können.

Während die türkische Zentralbank wenigstens auf dem Papier unabhängig ist, ist es die Religionsbehörde nicht.