Türkei: Korankurse für Richter*innen und Staatsanwält*innen in Ankara

Türkei: Korankurse für Richter*innen und Staatsanwält*innen in Ankara

Die Oberstaatsanwaltschaft von Ankara hat in einem Rundschreiben an Richter*innen und Staatsanwält*innen mitgeteilt, dass es im zentralen Justizpalast von Ankara Korankurse gegeben wird. Die ersten Kurse sollen am 27. Juni beginnen. Sie werden vom staatlichen Amt für Religionsangelegenheiten, genannt Diyanet ausgerichtet. Richter*innen, Staatsanwält*innen und anderes Justizpersonal, sowie deren Kinder können in den Kursen religiös ausgebildet werden. „Koran, Buchstabenkunde, Suren und religiöses Wissen“ sind als Themen angekündigt. Die Teilnahme ist freiwillig.

 

Atatürk hatte das im Osmanischen Reich gültige religiöse Schariatsrecht abgeschaft. Seither gilt die Trennung des Rechts und der Justiz von der Religion als ein Grundpfeiler der laizistischen Türkischen Republik. Religiöser Unterricht speziell für Justizangestellte und in Räumen, die eigentlich nur der Rechtspflege dienen sollten, auch wenn derzeit freiwillig, verträgt sich nicht eben gut mit dieser Trennung. Die Ankündigung dürfte zu einer scharfen innenpolitischen Kontroverse führen. Genau das könnte aber gewollt sein, da sich dann religiöse Türk*innen bei den Wahlen im kommenden Jahr auf die Seite Erdogans schlagen könnten, trotz einer Inflationsrate über 70 %.