Auch "Sin Papeles" nicht länger vom Gesundheitssystem ausgeschlossen: Spanien führt Gesundheitsversorgung für alle wieder ein

Spanien führt Gesundheitsversorgung für alle wieder ein

Gute Nachrichten sind selten, aber es gibt sie, und man kann auch ruhig darauf aufmerksam machen. So zum Beispiel die folgende gute Nachricht für Menschen ohne Aufenthaltstitel in Spanien.

 

Das spanische Parlament hat vergangene Woche ein Dekret verabschiedet, das allen Menschen in Spanien Zugang zum Gesundheitssystem ermöglicht. Die Vorlage dafür hatte die sozialistische Minderheitsregierung gegeben, die von linken Parteien und Regionalisten geduldet wird.

Vom ersten Tag ihres Aufenthalts an können sich alle AusländerInnen legal im ganz normalen Gesundheitssystem behandeln lassen. Darüber hinaus legt das Dekret fest, dass Menschen ohne Aufenthalstitel Medikamente um 60 Prozent ermässigt bekommen sollen.

Von dem Dekret dürften die frisch eingewanderten Menschen und die ankommenden Flüchtlinge profitieren. Medienberichten zufolge hat Spanien seit diesem Jahr Italien und Griechenland überholt als Mitgliedstaat der Europäischen Union, über das die meisten Flüchtlinge und Migrantinnen in die EU ankommen. Gerade für Menschen, die den erschöpfenden und gefährlichen Fluchtweg über Sahara und Mittelmeer hinter sich haben, bedeutet es, dass sie gleich bei der Ankunft legal Zugang zu Behandlung haben dürfen.

Aber auch Menschen, die schon länger in Spanien leben, dürfte diese Nachricht erfreuen. In den vergangenen Monaten gab es etwa Nachrichten über die Ausbeutung von afrikanischen Migranten ohne Aufenthaltstitel in der spanischen Landwirtschaft. Gerade mit ihrer Gesundheit bezahlen sie die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen, die miserable Unterbringung und gegebenenfalls die Nutzung von gesundheitsschädigenden Substanzen in der landwirtschaftlichen Produktion. Für diese Menschen, die am Wohlstand Spaniens und Europas beitragen und davon selbst am wenigsten profitieren, ist das neue Dekret sicherlich eine Erleichterung.

Die Vorlage passierte das Parlament mit einer gar nicht so grossen Mehrheit. Es gab Widerstand von der konservativen Partei PP. Die liberalen Ciudadanos enthielten sich.

Die spanische Tageszeitung El Pais begrüsste das Dekret mit der Überschrift: "Ein Dekret, um mit sechs Jahren des gesundheitlichen Ausschlusses Schluss zu machen." Tatsächlich galt in Spanien früher schon ein universeller Zugang zur Gesundheitsversorgung. Die konservative Partei von Mariano Rajoy hatte jedoch 2012 kurz nach ihrer Regierungsübernahme Einwandererinnen ohne Aufenthaltstitel vom Zugang zur Gesundheitsversorgung ausgeschlossen. Diese Menschen waren also im Krankheitsfall auf Mildtätigkeit und Hilfsorganisationen angewiesen.

Hilfsorganisationen in Spanien gaben sich erfreut über das Dekret. Jedoch machen sie darauf aufmerksam, dass es noch Massnahmen gibt, die die Regierung näher beschreiben soll, als im allgemeinen Dekret festgelegt. Dazu zählt, ab wann und wie Menschen tatsächlich Zugang zu dieser Gesundheitsversorgung haben. Besonders für Menschen, die seit weniger als 3 Monaten in Spanien leben, ist diese Frage noch nicht abschliessend geklärt.

(mc)