Scharlatan, Neonazi und Aluhut – Verschwörungsideologie und Esoterik in Zeiten von Corona

Scharlatan, Neonazi und Aluhut – Verschwörungsideologie und Esoterik in Zeiten von Corona

Die Proteste der Querdenker*innen werden von vielen Menschen unterstützt, die der Esoterik anhängen. Das ist kein Zufall. Wer glaubt, dass unser Leben von höheren Mächten abhängt, dass nur Eingeweihte den großen Durchblick haben, Krankheiten aus schlechtem Karma resultieren oder Zuckerkügelchen helfen, wenn es im Bauch zwickt, der ist reif für die Verschwörungsideologien. Welche Wucht diese Gemeinschaft aus Neonazis, Wutbürger*innen und Esoteriker*innen entfalten kann, zeigte der Sturm auf das Kapitol in Washington unter Führung eines Schamanen.
Hierzulande sind Anthroposoph*innen beteiligt, die einflussreichste okkult-esoterische Richtung in Deutschland. Ihr Begründer Rudolf Steiner lehrte, dass göttliche Führer, Erzengel, Engel, Götterboten sowie Volks-und Rassengeister die Geschicke der Welt bestimmen. Das ist per se eine Verschwörungsideologie. Steiner bezeichnete Bazillen als „physisch verkörperte Lügendämonen“, Impfen wird von vielen Anhänger*innen abgelehnt. Bei Masern sind Waldorfschulen immer wieder Hotspots. Charles Eisenstein, Mastermind der Occupy-Bewegung, schrieb, Angehörige einer Quechua-Gruppe in Peru würden bei einer schweren Corona-Erkrankung kein Beatmungsgerät verlangen, sondern einen Schamanen, der sie beim Sterben begleitet. Für ihn ist der Tod eine „Pforte zur Liebe“.
Das Unverständnis gesellschaftlicher Verhältnisse, die Abwehr kritischen Denkens, Verschwörungsideologie, Sozialdarwinismus und Menschenverachtung fließen in einer Esoterikbewegung zusammen, die in ihren vielen Facetten diese Gesellschaft durchdrungen hat.

Es sprach Peter Bierl. Er ist freier Journalist. Von ihm ist 2021 der Essay „Die Legende von den Strippenziehern. Verschwörungsdenken im Zeitalter des Wassermanns“ erschienen.

Ein Mitschnitt von der Online-Veranstaltung am 19. März 2021 im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus vom 13. März bis 8. April 2021. Die Vorträge des Freiburger Programms der Wochen gegen Rassismus senden wir in der Reihe O-Ton Playback.

Diesmal: Freitag, 4. Juni, 19:00 / Montag, 7. Juni, 15:00 (Achtung: anderer Wiederholungstermin als gewohnt!)