RDL zu Novelle 1991

RDL zu Novelle 1991

TEIL 1: Vorbemerkung

Angesichts der gravierenden Folgen der vorgeschlagenen Gesetzesnovelle, bedauern wir die kurze Frist, die zur Stellungnahme eingeräumt wurde.

Wir verweisen deshalb noch einmal ausdrücklich auf unsere Stellungnahmen, die wir in einem Exemplar dieser Stellungnahme beilegen. Wir bitten das federführende Ministerium für Wissenschaft und Kunst, zu gewährleisten, daß diese Stellungnahmen den anderen mitbefaßten Ministerien, wie auch sämtlichen Fraktionen des Landtages zur vollen Kenntnisnahme gelangen. Diese Stellungnahmen sind vollinhaltlich Teil der aktuellen Stellungnahme.

Desweiteren gehen wir davon aus, daß Radio Dreyeckland im Zuge der Gesetzesberatungen, die Möglichkeit erhält, seine Position und Alternativvorstellungen - mündlich, wie schriftlich - in den beratenden und beschlieáenden Ausschüssenen des Landtages vorzustellen.

Im übrigen haben wir davon Kenntnis, dass auch gesellschaftliche Gruppierungen, die nicht im offiziellen Verteiler der Landesregierung stehen, Stellungnahmen zum Entwurf der Gesetzesnovelle eingereicht haben. Wir bitten auch hier, zu gewährleisten, daß diese Stellungnahmen im parlamentarischen Beratungsprozeß hinreichend Beachtung finden.

Teil 2: Zusammenfassung

1. Schon der Ausgangspunkt des Ziels der Novellierung
"Die Landesregierung hat sich dabei von dem Grundsatz leiten lassen, so viel Vielfalt wie wirtschaftlich möglich zu sichern" (Seite 2, Allgemeine Begründung)
ist in dieser Absolutheit jenseits der vom Bundesverfassungsgericht eingeräumten Schranke der verfassungskonformen Ausgestaltungsfreiheit des Gesetzgebers.

2. Diese verfassungswidrige Zielsetzung ist umso offenkundi-ger, als "wirtschaftlich möglich" von der Landesregierung absolut einseitig, wenn nicht ausschließlich unter dem Gesichtspunkt einer der zulässigen Finanzierungsformen, nämlich der Werbefinanzierung, gesehen wird.
Unter dem allein zulässigem Gesichtspunkt der Meinungs- und Kulturvielfalt, ist diese Einseitigkeit umso gravierender, wenn sich nachweisen läßt, daß damit anderen Programmveranstaltern (z.B. Radio Dreyeckland), die aus grundsätzlichen Erwägungen heraus - Ermöglichung eines qualitativ gesicherten Medienzuganges für gesellschaftliche Kräfte - auf diese Finanzierungsform verzichten, die Zulassung - gleichheitswidrig - erschwert bzw. faktisch verunmöglicht wird.

3. Doch nicht nur in der Lageanalyse und der Zielsetzung der Novellierung überschreitet die Landesregierung die Grenze zur Verfassungswidrigkeit:
Eine Mehrzahl von Einzelbestimmungen sind offenkundig materiell verfassungswidrig. Aber auch das Zusammenwirken einer Vielzahl von konkreten Einzelbestimmungen überschreitet in der Tendenz die Schranke einer verfassungskonformen Ausgestaltungsfreiheit des Gesetzgebers.
Es ist bezeichnend, daá die Landesregierung nicht einmal ansatzweise versucht, der Warnung des Bundesverfassungsgerichtes (Urteil v. 24.3.87, E 74,297 I) Rechnung zu tragen, in dem sie begründet, wie denn Ihre Gesetzesnovellierung, ihrer verfassungsrechtliche Pflicht Rechnung trägt,

"konkrete Gründe (vorzubringen), aus denen sich ergibt, daß gesetzliche Maánahmen, welche die Rundfunkfreiheit berühren, der besseren oder zumindest gleichwertigen Sicherung dieser Freiheit dienen und deshalb als ausgestaltende Regelungen verfassungsrechtlich zulässig sind" (BVerfGE 74, S.297 I<334>.

4.1. Die u.E. offenkundig materiell verfassungswidrigen Einzelbestimmungen sind insbesondere:

a) Die Änderung in § 14 Abs.2 Nr.2 insofern sie jetzt - nach der Änderung 1987 - im zweiten Schritt endgültig, die die Gewährleistungsfunktion der Rundfunkfreiheit umschließende Möglichkeit der gesellschaftlichen Kräfte, sich in eigenen Programmen und/oder Sendungen auch im privaten Rundfunk auszudrücken, rechtlich wie faktisch liquidiert.

b) Die gesetzliche Festlegung der Quantität der Verbreitungs-gebiete in § 17 Abs.2 Nr. 3 und 4 n.F. LMedienG, die gesetzliche Normierung "eine flächendeckende Versorgung der Verbreitungsgebiete in Stereoqualität" in § 17 Abs.3 n.F. LMedienG und die in § 7 Abs.2, Satz 2
("Drahtlose Frequenzen sind vorrangig für Rundfunkprogramme nach den Nummern 1 bis 3 vorzusehen; dies gilt auch für eine erforderliche Verbesserung der technischen Versorgung mit den entsprechenden Rundfunkprogrammen")
gesetzlich angeordnete Vorrangstellung der Rundfunkprogramme der Veranstalter, die die "bloße Bereitschaft" versprechen, - vgl. die Absicherung über § 18 Abs.2 n.F LMedienG - dies zu leisten .
Obgleich nur auf der Ebene der Normierung der Planungsaufgaben der LfK angesiedelt, kommen diese gesetzlichen Normierungen von Umfang, Tiefe und Reichweite her, faktisch der verfas-sungswidrigen Einschränkung bzw. dem Verbot publizistischer Konkurrenz im künftigen privatrechtlichem Rundfunk in Baden-Württemberg gleich (vgl. auch BVerfGE 74, S.297 I<336>).

c) Die in Art. 2, §4 Abs.1, Satz 1 der Übergangsbestimmungen normierte Möglichkeit der LfK, Veranstaltern ohne Ausschreibung und vor Neufassung des Nutzungsplans, aber unter Anwendung verfassungswidriger Normen (vgl. oben unter 4b) weitere Übertragungsmöglichkeiten zuzuteilen, insofern sie in das Recht existenter, wie künftiger Veranstalter eingreift, ihre Programmveranstaltung rechtlich, faktisch und wirtschaftlich zu sichern bzw. überhaupt erst zu ermöglichen, da die Regelung in ihrer Tragweite gegen Art. 5 Abs. 1; 19 Abs. 2 und 4 GG verstößt.

4.2. Die unter 4.1. aufgeführten Bestimmungen sind einzeln, wie im Zusammenhang miteinander verfassungswidrig.
Die ganze Tragweite der Gesetzesnovellierung wird jedoch erst dann ersichtlich, wenn - wie belegbar - eine Vielzahl von Einzelbestimmungen hinzutreten, die insgesamt die Anforderungen an Meinungs- und Kulturvielfalt im künftigen privat-rechtlichen Rundfunk dramatisch - über die Schwelle der Verfassungskonformität hinaus - absenken.

Diese Bestimmungen sind insbesondere:
- Die neuen §§ 14 a und 14b
- der neugefaßte § 19 Abs. 2, 3 und 4 nicht zu letzt auch unter dem jetzt schon dramatischen Gesichtspunkt multimedialer Meinungsmacht.
- der neugefaßte § 18 Abs.1, insofern keine Kompensation für die bisher durch Splitting und/oder Auflagen im Interesse der Meinungs- und Kulturvielfalt ermöglichten Programmteile und / oder Sendungen erreichbar ist.
- §25 Abs.1 insofern er ausdrücklich zusätzlich absichert, daß eine publizistische Konkurrenz behindert bzw. verunmöglicht wird.

Radio Dreyeckland kann deshalb nicht umhin, schon hier festzustellen, daß offenkundig ausdrückliches Ziel der Gesetzesnovelle der Landesregierung, die Verallgemeinerung der verfassungswidrigen Zust„nde im ”stlichen Landesteil ist, wie sie am konkreten Beispiel der Radio 7 Kette schon jetzt manifest sind.

5. Die Gesamtheit der Gesetzesänderungen, die die Landesanstalt für Kommunikation betreffen, bedeuten die Beseitigung - treffender Zerschlagung - der Unabhängigkeit dieser Zulassungs- und Aufsichtsinstanz. An ihre Stelle wird ein ausufernder, u.E.verfassungswidriger Staatseinfluß in Gestalt des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst gesetzt.

Teil 3: Einzelbegründungen incl. Alternativvorschlägen

Eine verfassungskonforme Novellierung des baden-württembergischen Landesmediengesetzes muß sich daran messen lassen, was das Bundesverfassungsgericht im Urteil zu eben diesem Gesetz im Jahre 1987 als verbindlichen Leitsatz aufgestellt hat (Unterstreichung von uns):

"1. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Freiheit des Rundfunks verwehrt es dem Gesetzgeber prinzipiell, die Veranstaltung bestimmter Rundfunkprogramme und rundfunkähnlicher Kommunikationsdienste zu untersagen oder andere Maßnahmen zu treffen, welche die Möglichkeit verkürzen, durch Rundfunk verbreitete Beiträge zur Meinungsbildung zu leisten." (E 74, S. 297 I)

Schon im Bericht der alten Landesregierung an den Landtag wurde deutlich, daß diese nicht gewillt war den verfassungsrechtlichen Maximen hinreichend Rechnung zu tragen. Nach dem Wechsel in der Landesregierung und der Zuordnung der Novellierungskompetenz an den neuen Wissenschaftsminister scheinen jedoch sämtliche verfassungskonformen Überlegungen annulliert zu sein, wie der vorliegende Gesetzesentwurf nachhaltig unterstreicht.


A. Der Weg des Systemwechsel von der Außenpluralität zu maximal 20 gegen jeglichen publizistischen Wettbewerb gesetzlich geschützten Programmen bzw. Programmelementen ist verfassungswidrig!

1. Der Weg den der Gesetzgeber mit dem baden-württembergischen Landesmediengesetz beschritten hat, war der Weg über ein Modell auáenpluraler Vielfalt, die zu einem - abgesenkten -Mindeststandard an Meinungs- und Kulturvielfalt auch im privatrechtlich - organisierten Rundfunk in Baden-Württemberg führen sollte. Diesem Weg ist die Landesanstalt für Kommunikation als - noch - staatsunabhängige Planungs-, Zulassungs- und Aufsichtsinstanz gefolgt, in dem sie sich entschloß, sämtliche Frequenzen einzeln auszuschreiben. <Gleichwohl wissend, daß interessierte Veranstalter sich zugleich um mehrere Frequenzen bewerben konnten, und dies auch taten und teilweise auch lizensiert wurden>.
Der Systemweg der außenpluralen Vielfalt wurde auch bei der Gesetzesnovelle im Jahre 1987 im wesentlichen beibehalten: Zwar wurden im Interesse werbefinanzierter Veranstalter einzelne zur Gewährleistung von Meinungs- und Kulturvielfalt wesentliche Bestimmungen § 14 II Nr.2, § 18 <Splitting>) in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise abgebaut, anderseits mit den Kriterien für Verbreitungsgebieten, die inhaltlich an Meinungs- und Kulturvielfalt orientiert waren, und gegen Gefährdungen aus multimedialer Meinungsmacht verstärkt. Mit diesen gesetzlichen Vorgaben konnte die LfK ihre Zulassungs- und Aufsichtspraxis, konsequenter orientiert an Meinungs- und Kulturvielfalt, verbessern, ohne allerdings ihren Handlungsspielraum wirklich hinreichend im Interesse der Meinungs- und Kulturvielfalt auszuschöpfen (Problem der Radio 7 Kette!).

2. Die auf diesen Rahmenbedingungen entstandene Rundfunklandschaft, ist durch eine Vielzahl formal selbständiger Veranstalter gekennzeichnet. Ihre Defizite - unter dem Gesichtspunkt von Meinungs- und Kulturvielfalt - sind vorallem wesentlich verursacht, durch die privat-autonomen Entscheidungen der werbefinanzierten Veranstalter:

- Das Primat der präventiven Vermeidung medialer und wirt-schaftlicher Konkurrenz bei der Mehrzahl der vorrangig zum Zuge gekommenen Zeitungsverleger
- Die weitverbreitete Unfähigkeit, selbst und gerade bei sog. "wirtschaftlich tragfähigen Verbreitungsgebieten" ein Programm zu entwickeln, daß die HörerInnen und ihre Bedürfnisse ernst nimmt und deshalb von Ihnen auch nicht angenommen wird.
- Die organisatorische und praktische Unfähigkeit, die notwendig Werbeaquisation zu leisten
- Die Zuflucht zum "Format-Radio" der Networks, statt ein eigenes Programmprofil aufzubauen
um nur einige wesentliche Ursachen zu nennen, die im übrigen schon allesamt im Bericht der LfK angesprochen wurden, zumindest was die werbefinanzierten Veranstalter angeht.

3. Der vorliegende Gesetzesentwurf verläßt aber nicht nur diesen Systemweg außenpluraler Vielfalt ohne ansatzweise richtig die Ursachen, der für die Meinungs- und Kulturvielfalt desolaten Situation privat-rechtlichen Rundfunks in Baden-Württemberg, zu untersuchen. Sondern er verläßt ihn in einer Art und Weise, die bewußt und geplant auf den Weg der Verhinderung des publizistischen Wettbewerbes setzt, bei gleichzeitg gravierender Absenkung der Mindestanforderungen an die Meinungs- und Kulturvielfalt im künftigen privatrechtlichen Rundfunk, sowie der direkten gesetzlichen Einladung zur Bildung multimedialer Meinungsmacht.

Mehrfach nachhaltig und offenkundig erklärtes Ziel der Landesregierung bei der Gesetzesnovelle ist es, die Zahl der Veranstalter und Programme, die künftig in Baden-Württemberg verbreitet und empfangen werden können,"deutlich abzusenken" und zwar so, wie mehrfach im Begründungstext der Novelle aus-geführt wird, daß nur noch "jedes Verbreitungsgebiet durch ein Programm versorgt wird" (S.30).
Das dieses Ziel selbst dann verfolgt werden soll, wenn das in Frage stehende Programm bzw. der Veranstalter selbst eine Gefährdung für die Meinungs- und Kulturvielfalt im Verbreitungsgebiet darstellen würde, wird umstandslos deutlich an der der Stufenfolge der Auswahlregelungen im neugefaßten §18 Abs. 2 für den Fall beschränkter Übertragungskapazitäten : In jedem Fall wird der Veranstalter bevorzugt, der in Aussicht stellt, das gesamte Verbreitungsgebiet zu versorgen (Vgl auch ähnliche Bestimmungen in § 25 LMedienG n.F.).
Schon auf der Ebene der Zielsetzung der Landesregierung läßt sich somit festhalten, daßdie Novelle weit von den verfassungskonformen Ausgestaltungszielsetzungen, die das Bundesverfassungsge-richt für zulässig erachtet, entfernt ist, daß nämlich Gesetzesneufassungen, die die Rundfunkfreiheit betreffen, nachweisen mssen, daá sie "der besseren oder zumindest gleichwertigen Sicherung dieser Freiheit dienen und deshalb als ausgestaltende Regelungen verfassungsrechtlich zulässig sind" (E 74, S.297 I <334>)

4. Begründet wird diese Zielsetzung mit einer einseitigen Ursachenanalyse der wirtschaftlichen Probleme werbefinanzierter Veranstalter. Wir wollen an dieser Stelle nicht unsere Ausführungen wiederholen (vgl. S. 8-20 unserer Stellungnahme zum modifizierten Regional- und Lokalsenderkonzept der LfK vom März 1991) weshalb diese Begründung zweifach unzulässig ist:
a) wirtschaftliche Tragfähigkeit entgegen § 29 LMedienG ausschließlich einseitig auf die Finanzierung aus Werbung zu reduzieren
b) immanent weder schlüssig, noch sachangemessen ist.

Wir wollen hier nur noch einmal nachdrücklich darauf verweisen, weshalb nach der Verfassungsrechtsprechung, derartige Gründe, selbst wenn sie zutreffen - was gerade nicht der Fall ist -, jedenfalls nicht in der Lage sind, gesetzliche Maßnahmen zu begr+nden, die auf eine Beschränkung der Rundfunkfreiheit hinauslaufen:

"Diese wirtschaftlichen Gründe rechtfertigen indessen kein Verbot von Beiträgen zur regionalen und lokalen Meinungsbildung durch den Rundfunk. Marktchancen können eine Frage wirtschaftlicher, nicht aber der Meinungsfreiheit sein. Was diese betrifft, so bedeutet es selbst für die Begünstigten kein Mehr an eigener Meinungsfreiheit, wenn anderen Meinungsäußerungen verboten werde. Auch davon abgesehen ist nicht ersichtlich, inwiefern das Verbot der Aufgabe dienen könnte, die Vielfalt der der bestehenden Meinungen im möglichster Breite und Vollständigkeit zum Ausdruck zu bringen. Die Begünstigten werden vielmehr auch dann gegen Konkurrenten geschützt, wenn diese vielfältigere und bessere Programme anzubieten haben als sie. Eine solche Unterbindung freien publizistischen Wettbewerbs und geistiger Auseinandersetzung ist mit dem Grundgedanken des Art. 5 Abs. 1 GG unvereinbar." (E 74, 297 I <334f> unsere Hervorhebungen).
Und weiter:
"Schließlich hängt die Qualität von Regional- und Lokalprogrammen nicht ohne weiteres von der Höhe der Finanz- und Wirtschaftskraft des Veranstalters ab, um so weniger, als die Kosten dieser Programme vergleichweise niedrig liegen. Gewiss muá ein privater Anbieter, um im Programmwettbeweb bestehen zu können, wirtschaftlich lebensfähig sein. Insofern kann es gerechtfertigt sein, wenn der Gesetzgeber diese Vorbedingungen zu sichern sucht (vgl. unten III). Im Rahmen seiner Ausgestaltungsfreiheit darf er dazu jedoch nicht den Weg einer Einschränkung des publizistischen Wettbewerbs wählen." (E 74, S. 297 I, <336> unsere Hervorhebungen).

Daß die Landesregierung mit ihrer Zielsetzung und der Verankerung der Stufenfolge bei der Auswahl diesen Weg geht, ist oben schon nachgewiesen. Wie sie im einzelnen dieses verfassungswidrige Ziel gesetzlich zu sichern trachtet, werden wir unter B. nachweisen. Hier bleibt nur noch festzuhalten, daß selbstverständlich die Konstellation zwar nicht identisch ist - damals Verbot regionaler und lokaler Programme öffentlich - rechtlicher Anstalten, jetzt gesetzliche Maßnahmen zur Einschränkung der publizistischen Konkurrenz unter privaten Veranstaltern und Programmen -, aber strukturell eben voll vergleichbar ist.

B.
Der Weg zu zu einer - verfassungswidrigen - Einschränkung des publizistischen Wettbewerbs im künftigen privaten Hörfunk in Baden - Württemberg zu zu kommen ist ein doppelter:

- zum einem werden eine Vielzahl von Maßnahmen getroffen, die einen gesetzlichen Vorrang des Prinzips "ein Programm je Verbreitungsgebiet" absichern (I)

- zum anderen werden die Anforderungen an die Meinungs- und Kulturvielfalt im künftigen privaten Horfunk erheblich abgesenkt und selbst Bestimmungen über die Verhinderung multimedialer Meinungsmacht zum Leerlauf gebracht (II).

I. Einschränkung der publizistischen Vielfalt durch gesetzliche Vorrang - Bestimmungen

1. In § 7 Abs. 2, Satz 2 wird eine gesetzliche Vorrangstellung und Zuordnung getroffen für Programme und Veranstalter nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 bis 3, die einer künstlichen Verknappung vorhandener Frequenzen und Übertragungskapazitäten gleich-kommt.
Die Regelung geht sogar soweit, daß selbst in den Fällen wo durch Überlappungen z.B. eine Vielzahl von Übertragungsmöglichkeiten diesen Veranstaltern gewährleistet werden, nach dem Kriterium des 2. Halbsatzes, erst dann Frequenzen und Übertragungskapazitäten für die in § 7 Abs. 2 Nr.4 und 5 genannten Programme und Veranstalter in Ansatz gebracht werden dürfen, wenn noch so kleine Versorgungslücken, der in § 7 Abs. 2 Nr.1 bis 3 gesetzlich privilegierten Programme und Veranstalter, geschlossen sind.

2. Dabei fällt auf, daß diese gesetzliche Vorrangstellung für private - werbefinanzierte - Programme und Veranstalter - über den Weg der Zuordnung von Frequenzen und Übertragungskapazitäten, in § 7 Abs.2 Nr. 2 im Unterschied zu § 17 Abs.2 n.F. an Kriterien anknüpft, die jetzt als gesetzlich vorrangig zu beachtende Planungsgrößen festgeschrieben werden:
- Quantität: 4 bis 6 regionale Verbreitungsgebiete und 10 bis 15 Lokalverbreitungsgebiete
- und "flächendeckende drahtlose Versorgung in Stereoqualit„t"

Diese beiden Kriterien sind aber weder zwecktauglich, noch erforderlich, geschweige denn verhältnismäßig, um als Anknüpfungspunkt für einen gesetzlichen Vorrang des Prinzips ein Programm je Verbreitungsgebiet zu dienen.

3. Insbesondere die gesetzliche Festschreibung des Vorranges gerade dieser Zahl der Verbreitungsgebiete als Maßstab der Zuordnung, kann mit durchgreifenden Zweifeln an der Zeckdienlichkeit dieser Planungsgröße begegnet werden. Denn wie wir in Kritik des modifizierten Strukturmodells der LfK dargelegt haben, steht die Zahl 4 bis 6 im krassen Gegensatz zu auch nach § 17 Abs.2 Nr.1 und 2 n. F. sinnvollerweise für eine wirtschaftliche tragfähige Rundfunkveranstaltung zu konstruierenden homogenen Verbreitungsgebieten. <Zur Zweckuntauglichkeit der Planungsgröße 10 bis 15 verweisen wir ebenfalls auf unsere Stellungnahme zum LfK-Konzept>.
Das im übrigen, das andere Kritrium "flächendeckende Versorgung in Stereoqualität", hinsichtlich der Lokalsenderverbreitungsgebiete auch dem Grundsatz der Erforderlichkeit widerspricht, ergibt sich zwanglos aus den Ausführungen der Landesregierung zu § 17 n.F. zu Nr.4 (S.31) "weitgehend". Da die Lokal-Verbreitungsgebiete in dieser Zahl gerade nicht flächendeckend sind, es in der technischen Empfangbarkeit unter dem Gesichtspunkt von Wirtschaftlichkeit gerade nicht auf die Vielzahl von Übertragungskapazitäten, sondern die Leistungsstärke möglichst eines Senders (Mobilempfang!) ankommt, kann diesem Kriterium weder Zwecktauglichkeit, noch Erforderlichkeit beigemessen werden. Hinsichtlich der Lokalverbreitungsgebiete ist es von daher als Anknüpfungspunkt eines gesetzlichen Vorranges völlig daneben liegend.
Die Mißachtung des Erforderlichkeitsprinzips ergibt sich darüberhinaus hinsichtlich der Regionalverbreitungsgebiete aus den Begründungen zu § 17 n.F. unter b) (S.29). Hier bestätigt die Landesregierung, daá die gegenwärtige Struktur der leistungsstarken Sender zu vielfältigen Überlappungen führt, die Landesregierung an dem Problem jedoch nichts ändern will.

4. Die Handhabung der gesamten Problematik durch den Entwurf der Landesregierung - also der gesetzliche Einführung von zahlenmäßigen Vorgaben für Verbreitungsgebiete in § 17 Abs.2 Nr. 3 <wo offenkundig die Zahl 10 bis 15 auch im Widerspruch zur Zahl 300 000 als wirtschaftliche Mindestgröße steht>, die gesetzliche Vorrang-Fixierung der Plangröße `Zahl der Verbreitungsgebiete' in §7 Abs.2 Nr.2, sowie die gesetzlich angeordnete Priviligierung, dieser künstlich verknappten Frequenzen in § 7 Abs.2, 2 Satz und die erste Stufe der Auswahlregelung in § 18 Abs.2 - zeigt, daá die Landesregierung mit diesen Bestimmungen nur einen Zweck - und zwar in einem derartigem Ausmaß - verfolgt, der selbstverständlich in völligem Mißverhältnis zu noch verfassungskonformen Ausgestaltungsregelungen steht, nämlich die höchstmögliche Verhinderung wirksamer publizistischer Konkurrenz.


II. Es bleibt nur hinzuzufügen, daß diese Zielsetzung, wie die aus ihr folgenden gesetzlichen Maánahmen umso gravierender zu beurteilen sind, als mit den weitern Vorschlägen ein Absenkung des Levels an Meinungs- und Kulturvielfalt verbunden sind, die ins Bodenlose gehen.
Die Vorschläge zu §§14 Abs.2. Nr.2, 19 Abs. 3 und 4, die Neueinführung der §§14 a und 14b lassen es nicht nur möglich, sondern hochgradig wahrscheinlich erscheinen, daß die Menschen im gesamten Baden-Württemberg mit der gleichen radiophonen Eintönigkeit wie jetzt nur in weiten Teilen Ost-Württembergs konfrontiert sein werden: Auf vielen Frequenzen dudelt das gleiche Programm, auf manchen Frequenzen manchmal unterbrochen von einem lokalen und regionalen Fenster.
Veranstalter sind die Zeitungsverleger, die sie schon mit der Monopolzeitung zum Frühstück versorgen.
Meinungs- und Kulturvielfalt feiern also fröhlichste Urstände!



C. Zu den Bestimmungen, die die Landesanstalt für Kommunikation betreffen.

Entgegen den Behauptungen, die in der Begründung angeführt werden (S.4f), laufen die Gesamtheit der Anderungen nicht auf eine Stärkung der Kompetenz und Effizienz der LfK hinaus. Im Gegenteil: Offenkundiges Ziel ist die Beseitigung der Unabhängigkeit der LfK und die Installierung eines ungehemmten Staatseinflußes in Gestalt des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst.

1. Staatlicher Personaleinfluß
Mit der Aufhebung der dreigliedrigen Struktur - hier: Wahl des Geschäftsführers durch den vom Landtag gewählten Vorstand - wird in § 64 I n.F. die Funktion des "Arbeitgebers" und der Dienstaufsicht auf alle "leitenden Beamten" ausgedehnt.

2. Finanzeinfluß
Die nominelle Übertragung der Haushaltskompetenz an den Medienrat wird begleitet von einer Erweiterung der Zustimmungserfordernisse des Wissenschaftministeriums Über die Grenze von § 70 Abs. 2 hinaus auf:
- die Sitzungsvergütungen und Aufwandsentschädigungen der Medienratsmitglieder und ihrer Vorsitzenden (§68 Abs.3)
- außerplanmäßige Einstellungen und Eingruppierungen (§ 64 Abs. 4 und 5).

3. Einflußnahme auf die Entscheidungsfindung der LfK
- Zentral ist die Ausdehnung des Staatseinfluáes schon im Vorfeld einer Entscheidungsbildung des Medienrates: § 67 Abs. 3 n.F. Die angegebene Begründung ist lachhaft. Angesichts der in Frage stehenden Entscheidungen, die in erheblichen Maáe die Meinungs- und Kulturvielfalt betreffen, ist die gesetzliche Anhörungspflicht der Meinung der Landesregierung nichts anderes als der unverhohlene Versuch, die Meinungsbildung des Medienrates im Ansatz politisch zu beinflußen.
- Ergänzt wird dies durch die ausufernde Rechtsaufsicht in § 71, wo unter Verweis auf § 122 GemO, der Standpunkt der Landesregierung, der zu hören ist, notfalls auch angeordnet werden kann.
Die gleichzeitige Übertragung dieser Rechte von der Landesregierung - einem Kollegialorgan - auf den Wissenschaftsminister offenbart einen politischen Machtinstinkt, dem der Gesetzgeber deutliche Schranken ziehen muß.