Judenfeindliche Symbolik am Freiburger Münster

Judenfeindliche Symbolik am Freiburger Münster

Rechts im um 1300 entstandenen Innenportal des Freiburger Münsters ist die "Synagoge" als schwächelnde Frau abgebildet. Ihre Augen sind verbunden. Sie hält den Rest einer zerbrochenen Lanze (Symbol der an die Kirche verlorenen Herrschaft nach dem Vorbild vom Straßburger Münster) und in der anderen Hand hält sie nach unten ein Buch, das als entgleitender Gesetzestext gedeutet wird. An der Unterseite der Konsole auf der die Figur der Synagoge steht, wird Christus mit dem Kopf nach unten ans Kreuz geschlagen. Die Figuren um ihn herum sind nicht eindeutig als Juden gekennzeichnet - der "Judenhut" war zumindest in Freiburg noch nicht eingeführt - aber aus dem Zusammenhang mit der Synagoge wird klar, dass hier der Vorwurf, die Juden seien "Christusmörder" visualisiert werden soll. Rechts von der Figur der Synagoge sind "törichte Jungfrauen" abgebildet. Sie stehen auf Tieren, von denen eines wohl ein Eber ist. Allerdings findet sich jedenfalls heute keine eindeutige "Judensau" wie an der Kirche in Wittenberg darunter. Die Tiere haben keinen direkten Bezug zur Figur der Synagoge. Die kürzlich auf RDL aus zweiter Hand vorgebrachte Behauptung, auch in Freiburg gäbe es eine "Judensau" wie in Wittenberg ließ sich an den schlecht sichtbaren Figuren aktuell nicht verifizieren. Allerdings hätte das auch klargestellt werden können, wenn das Amt des Erzbischofs auf eine entsprechende Anfrage eines Mitarbeiters von Radio Dreyeckland geantwortet hätte (RDL berichtete am Dienstag letzter Woche).

 

Ob mit oder ohne die insbesondere von Martin Luther verbreitete Darstellung von Juden mit einem Schwein, antijüdische Symbolik ist am Freiburger Münster zu sehen. Diese Symbolik steht am Anfang einer langen Geschichte der grausamen Verfolgung der jüdischen Minderheit in Freiburg durch ihre christlichen, bzw. nationalsozialistischen Mitbürger*innen. Am 31. Januar 1349 wurden alle Jüdinnen und Juden mit Ausnahme schwangerer Frauen in Freiburg verbrannt. Die Kinder zwang man zur Taufe. Vorher hatte man Juden so lange gefoltert, bis sie zugaben, die Brunnen vergiftet zu haben und also für die Pest verantwortlich zu sein. Die Pest hatte zu diesem Zeitpunkt Freiburg noch gar nicht erreicht. Am 4. Juli 1401 wurde von den Kanzeln die Vertreibung der wieder angessiedelten jüdischen Bevölkerung verkündet und der Rat der Stadt beschloss, dass Juden niemals mehr das Recht haben sollten, in Freiburg zu leben. Mit dem Nationalsozialismus begann auch die Unterdrückung, Demütigung und Enteignung und schließlich Ermordung der Jüdinnen und Juden in Freiburg erneut. Am 9. November 1938 wurde die Synagoge angezündet und 100 männliche Juden wurden aus Freiburg nach Dachau deportiert. Am 22. November 1940 wurden alle jüdischen Bewohner*innen nach Gurs in Südfrankreich deportiert. Darauf predigte der Freiburger Erzbischof Conrad Gröber am Karfreitag 1941 im Münster gegen die "jüdische Weltherrschaftsgier". Gröber, von regimekritischen Menschen schlicht "brauner Conrad" genannt, war Fördermitglied der SS und hatte die Anweisung gegeben, im Religionsunterricht mit dem Hitlergruß zu grüßen. Natürlich tat er das nur, um schlimmeres zu verhindern. Amen.

jk