Innenminister will Burkini-Verbot in Grenoble notfalls gerichtlich durchsetzen lassen

Innenminister will Burkini-Verbot in Grenoble notfalls gerichtlich durchsetzen lassen

Nach einer hitzigen Debatte und mit knapper Mehrheit hatte sich gestern der Stadtrat von Grenoble dazu durchgerungen, die Bekleidungsfrage von Frauen in öffentlichen Schwimmbädern den betroffenen Frauen weitgehend selbst zu überlassen. Nackt geht nicht und mit Straßenkleidung darf frau auch nicht einfach ins Schwimmbad, aber die neue Regelung erlaubt es einerseits oben ohne zu baden andererseits ist auch der von einigen Musliminnen getragene sogenannte Burkini-Badeanzug durch die neue Regelung nichtmehr automatisch ausgeschlossen. Doch für den als Scharfmacher bekannten französischen Innenminister Gérald Darmanin geht das gar nicht. Darmanin wies den zuständigen Präfekten an, gegen den Beschluss gerichtlich vorzugehen und teilte dies auch gleich auf Twitter mit. Dem grünen Bürgermeister von Grenoble warf Darmanin eine Provokation vor, die im Gegensatz zu französischen Werten stehe. Bemüht wird dabei vermutlich wieder einmal, die Trennung von Religion und Staat, die vielen französischen Politiker*innen besonders dann einfällt, wenn es irgendwie um Muslime geht. Aber jedenfalls hat Darmenin vor den Parlamentswahlen am 14. und 19. Juni die Empörung über Burkinis in Grenoble nicht dem Rassemblement National von Marine Le Pen überlassen. Und auch die Grünen haben etwas abbekommen, die bei der Wahl eine lose Koalition um den traditionellen Linken Jean-Luc Mélenchon unterstützen, der eine Parlamentsmehrheit gegen Macron anstrebt.

 

Gegner*innen des Burkini sehen die den Körper, bis auf Gesicht, Hände und Füße eng umhüllende Badekleidung als ein Symbol des politischen Islam und der Unterdrückung von Frauen. Konservative Muslime sind aber häufig ebenfalls gegen den Burkini, entweder weil auch ein nasser Burkini die Körperformen der Frau erkennen lässt oder weil sie einfach nicht wollen, dass Musliminnen Badeanstalten besuchen. Andererseits wird argumentiert, dass ein Burkini-Verbot schlicht und einfach dazu führt, dass ein Teil der Musliminnen vom Baden ausgeschlossen wird. Wer immer das Entstehen von Parallelgesellschaften beklage, handele mit einem Burkini-Verbot kontraproduktiv. Ein Problem ist auch die Teilnahme am Schwimmunterricht, die aufgrund der Badekleidung von Eltern oder Schüler*innen oft verweigert wird. In Deutschland sind unter anderem deshalb Burkini-Verbote mehrfach vor Gericht gescheitert. Übrigens hat auch das oberste Verwaltungsgericht Frankreichs bereits im Jahr 2016 gegen ein Burkini-Verbot in Villeneuve-Loubet entschieden. Der Bürgermeister hatte behauptet, das tragen von Burkinis sei eine Provokation und Störung der öffentlichen Ordnung. Das Gericht sah das anders. Der für Grenoble zuständige Präfekt muss sich nun eine andere Begründung einfallen lassen.