Klage eines Grundschullehrers für unzulässig erklärt: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte macht Ausnahme von seinen Prinzipien bei Entlassungen unter dem türkischen Notstand

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte macht Ausnahme von seinen Prinzipien bei Entlassungen unter dem türkischen Notstand

Das Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Klage eines türkischen Lehrers gegen seine Entlassung vorerst für unzulässig erklärt. Als Grund dafür erklärten die Richter, der Lehrer habe noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, in seinem Land dagegen zu klagen. Insbesondere habe er nicht vor einer türkischen speziellen Kommission geklagt, die erst nach seiner Klage per Notverordnung geschaffen wurde. Das Europäische Gerichtshof für Menschenrechte macht mit dieser Entscheidung eine Ausnahme vom Grundsatz, wonach Klagen zulässig sind, wenn der Kläger zum Zeitpunkt der Klage alle Rechtswege in seinem Land ausgeschöpft hat.

In diesem Fall hatte ein türkischer Grundschullehrer im Jahr 2016 vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen seine Entlassung aus dem öffentlichen Dienst geklagt. Er war einer von über Hunderttausend BeamtInnen, die die Regierung nach dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 und der anschliessenden Verhängung des Notstands suspendierte oder entliess.

Mit einer Notverordnung von Januar 2017 hat die türkische Regierung inzwischen eine spezielle Kommission geschaffen für Klagen, die sich gegen Massnahmen des Notstands richten. Die Entscheidungen dieser Kommission können dann vor Gericht angefochten werden oder bei Bedarf bis vor den Verfassungsgericht. Erst danach dürfen Individuen vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte klagen.

Der Gerichtshof legt dem Lehrer nahe, den Rechtsweg wieder von vorne zu beginnen und zu beweisen, dass die neugeschaffene Kommission keinen effektiven Rechtschutz darstellt.

(mc)