Walpurgisnacht 2020: Einstellung in einem Corona-Bußgeldverfahren

Einstellung in einem Corona-Bußgeldverfahren

In einem Verfahren gegen eine politische Aktivistin wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die Corona-Verordnung kam es in der mündlichen Verhandlung am Amtsgericht Freiburg zu einer Einstellung des Verfahrens. Ausgangspunkt für die ergriffenen Maßnahmen der Polizei war der Vorwurf der Sachbeschädigung im Laufe der Walpurgisnacht 2020 (30. April auf 1. Mai) durch Bemalen von Straße und Hauswand mit Kreide. Weil man bei der gegen 22.30 Uhr vorgenommenen ID-Kontrolle und körperlicher Durchsuchung der vier angetroffenen Frauen* keine Kreide etc. aufgefunden hat, wurde auf den Vorwurf eines Verstoßes gegen die Corona-Verordnung umgestellt: Die Frauen* stammten aus zwei Haushalten. Zugelassen in der Öffentlichkeit ist der gemeinsame Aufenthalt von nur zwei Personen aus zwei verschiedenen Haushalten. Hier für war für jede der vier Frauen* ein hohes Bußgeld von € 500,- verhängt worden. Die Aktivistin legte dagegen Widerspruch ein.

Am 26. Januar fand nun das erste Verfahren gegen eine der Frauen* am Amtsgericht Freiburg statt. Der Anwalt Udo Kauss übernahm die Verteidigung in dem Fall. Für ihn war klar, dass die Versammlungsfreiheit in diesem Fall höher zu bewerten war als die Corona-Verordnung und dass politische Demonstrationen und Versammlungen in der Öffentlichkeit nicht pauschal in Hinweis auf die Corona-Verordnung unterbunden werden dürfen. Zudem hatten die Kontrollierten entgegen den Vorwürfen durchaus Rücksicht auf die Verordnungen genommen.

Feministische Gruppen hatten zu Aktionen in der Walpurgisnacht aufgerufen. Die vier Kontrollierten nahmen auf dem Weg ins Grün Rücksicht auf die damals aktuelle Corona-Verordnung nach der man in der Öffentlichkeit nur mit einer weiteren Person aus einem anderen Haushalt unterwegs sein durfte. Im Grün stellten sie dann fest, dass dort von der Polizei massiv kontrolliert wurde und sie machten sich deshalb direkt wieder auf den Heimweg. Dort wurden sie dann von einem Polizeikastenwagen angehalten und von mehreren Polizeibeamt*innen umstellt und körperlich durchsucht.

Die beiden als Zeugen gehörten Polizisten widersprachen dieser Darstellung kaum. Sie waren von Zivilbeamt*innen benachrichtigt worden, die die Gruppe angeblich schon länger beobachtet hätten. Da sie die nächsten Beamten waren, hätten sie die Kontrolle dann durchgeführt. Dabei will einer der beiden Beamten noch vom Wagen aus gesehen haben, dass die Abstandsregeln bei der Gruppe nicht eingehalten worden seien. Auf Nachfrage der Verteidigung gab der Beamte zu, hinten im Wagen gesessen zu haben. Die Verteidigung bezweifelte diese Erinnerung, da es um 23 Uhr schon dunkel war und der Blick von den hinteren Plätzen in so einem Einsatzwagen (Sprinter) nach draußen denkbar schlecht sei. Die Beamten gaben an, dass sie den Auftrag hatten, Demonstrationen im Grün zu verhindern.

In diesem Verfahren zeigt sich einmal mehr, wie findig Gerichte und Polizei sind, wenn es darum geht, linke politische Aktivist*innen zu sanktionieren. Weil sich in diesem Fall keine Beweise für eine Sachbeschädigung finden ließen, werden eben Bußgelder wegen angeblichen Corona-Verstößen verteilt. Die Corona-Verordnung wird so zu einem weiteren Instrument im Baukasten der Repression. Dennoch zeigt sich auch, dass Einsprüche gegen diese Bußgelder durchaus erfolgreich sein können. Das Bußgeld muss letztendlich nicht bezahlt werden.

Rote Hilfe - OG Freiburg