Rio de Janeiro, Brasilien: Drei Jahre nach dem Mord an Marielle Franco - Behörden verzögern Aufklärung

Drei Jahre nach dem Mord an Marielle Franco - Behörden verzögern Aufklärung

Am 14. März 2018 wurde die linke Stadträtin von Rio de Janeiro, Marielle Franco, und ihr Fahrer Anderson Gomes ermordet. Die Wahl von Jair Bolsonaro zum Präsidenten Brasiliens und Wilson Witzel zum Gouverneur des Bundesstaates Rio de Janeiro habe dazu geführt, dass die Aufklärung der Morde beeinträchtigt worden sei, betonte Anielle Franco, die Schwester der ermordeten Marielle Franco.

Es sei nicht abzustreiten, dass die Wahl von Bolsonaro und Witzel die Ermittlungen zu dem Verbrechen ausgebremst habe. „Der gegen uns gerichtete Hass-Diskurs und die Fake News machen uns das Leben schwer“, so Anielle Franco. Drei Jahre seien eine beschämend lange Zeit für die mit der Verbrechensaufklärung betrauten Behörden.

Amnesty International und dem Institut Marielle Franco gelang es in einer Petition, über eine Millionen Unterschriften zu sammeln, die eine Beschleunigung der Ermittlungen einfordern. Das Dossier enthält außerdem 14 bislang unbeantwortete Fragen hinsichtlich der Morde an Marielle Franco und Anderson Gomes, und fordert vor allem Klarheit darüber, wer den Mord an in Auftrag gegeben hatte.

„Wir können es nicht hinnehmen, dass die brasilianischen Behörden keine Antwort auf die Ermordung der Stadträtin haben, die die fünftmeisten Stimmen der Bevölkerung von Rio de Janeiro bei den Wahlen gewann. Es ist absolut inakzeptabel, dass es dazu keine angemessenen Stellungnahmen gibt“, kritisierte die Leiterin von Amnesty International in Brasilien.

Das Dossier sollte an den Interimsgouverneur von Rio de Janeiro sowie an den Staatsanwalt des Bundesstaates, übergeben werden. Die Familie von Marielle und Amnesty International gehen davon aus, dass sich die politik der Debatte nicht stellt und den Fragen zur Langsamkeit der Ermittlungen ausweichen werden.

Während die Ermittlungen noch immer keine neuen Erkenntnisse über die Verantwortlichen gebracht haben, die hinter dem Mord an Marielle Franco stehen, hat das Gericht von Rio de Janeiro am 9. Februar 2021 entschieden, dass Ronnie Lessa und Élcio Queiroz, die des Mordes an der Stadträtin beschuldigt werden, vor ein Geschworenengericht kommen. Die beiden Expolizisten sind seit März 2019 inhaftiert. Es gibt jedoch noch keinen Termin für den Gerichtsprozess.

Außerdem möchten die Autor*innen der Kampagne mehr über die Person, die für die Fälschung der Fahrzeugpapiere des Wagens verantwortlich ist, mit dem die beiden Täter in der Nacht des Mordes unterwegs waren, wissen und wie ihre Verbindung zur Miliz „Büro des Verbrechens“ (Escritório do Crime) war.

Die Familie verlangt außerdem vom Konzern Google Klarheit darüber, warum die Daten der Verdächtigen immer noch nicht an das Innenministerium von Rio de Janeiro übermittelt worden sind. Das US-amerikanische Unternehmen weigert sich, den Ermittler*innen Zugang zu Informationen über die IP-Adresse und Device-ID zu gewähren. Mit diesen Daten könnten laut der Behörde die Laptops und Smartphones und damit auch die Auftraggeber identifiziert werden. Das Unternehmen begründet sein Vorgehen mit den Persönlichkeitsrechten der Nutzer*innen. Daß ausgerechnet Google plötzlich unter die Datenschützer*innen gegagen ist, wäre allerdings sehr neu.

Unterdessen haben am 14. März, dem dritten Jahrestag der Ermordung von Marielle Franco und Anderson Gomes, mehrere Demonstrationen in Brasilien und im Ausland stattgefunden, um dem Verbrechen zu gedenken und um Gerechtigkeit einzufordern.

(Quelle: Nachrichtenpool Lateinamerika, npla)