BUND erfolgreich gegen A20 | Gericht stoppt Planung

BUND erfolgreich gegen A20 | Gericht stoppt Planung

Berlin (LiZ). Heute, 7. Juli 2022, hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig das Urteil zur BUND-Klage gegen den ersten Abschnitt der Autobahn A20 in Niedersachsen verkündet. Das Gericht hat der Klage der Umweltschutz-Organisation BUND teilweise stattgegeben und damit den ersten von 12 Bauabschnitten in Niedersachsen für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt. Der BUND Niedersachsen hatte gegen den rund 13 Kilometer langen Abschnitt geklagt, da der Neubau der A20 zu massiven Schäden an Klima, Natur und Umwelt führen würde und zudem kein Bedarf nachgewiesen werden kann.

Susanne Gerstner, BUND-Landesvorsitzende: "Das Urteil zur A20 ist ein wichtiger Teilerfolg des BUND im Kampf gegen die A20. Wir konnten im Verfahren nachweisen, daß die zuständige Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr eine in gleich mehreren entscheidenden Punkten fehlerhafte Berechnung zur Stickstoffbelastung vorgelegt hat. Bei Realisierung der A20 muß mit erheblichen Beeinträchtigungen eines wertvollen Schutzgebietes gerechnet werden. Mit dem Gerichtsurteil ist der erste Abschnitt der A20 in Niedersachsen bis auf weiteres gestoppt. Die Politik ist nun dringend aufgefordert, die Rote Karte des Gerichtes als Anlaß zur Überprüfung des gesamten Vorhabens zu nutzen."

Infolge der zu erwartenden Schadstoff- und Lärmbelastung ist die A20 das umweltschädlichste Neubauprojekt des Bundesverkehrswegeplans - bezifferte Schäden laut Bundesverkehrwegeplan: 760 Millionen Euro. Schäden durch Versiegelung, Zerstörung von Lebensräumen, Zerschneidung von Landschaften und die Beeinträchtigung von Schutzgebieten kämen hinzu. Durch die A20 würden rund 19.000 Hektar unzerschnittener Naturräume zerstört - allein durch den Bau der Trasse rund 2.000 Hektar wertvoller Böden. Die geplante Küstenautobahn würde vor allem aber die Klimakrise massiv verstärken. Weit über die Hälfte der geplanten A20 führt durch Moor- und Marschgebiete. Gerade diese Lebensräume sollen laut der Moorschutzstrategie des Bundes und des Landes Niedersachsen prioritär geschützt werden. Allein für die ersten beiden Abschnitte in Niedersachsen würden 1,8 Millionen m³ Torf ausgehoben und fast 450.000 Tonnen CO2 freigesetzt. Bau, Verkehr und Unterhaltung der A20 würden pro Jahr mehr als 90.000 Tonnen CO2 verursachen.

Gerstner weiter: "Sehr bedauerlich ist, daß das Gericht in seiner formaljuristischen Prüfung den Klimaschutz vollständig ausgeblendet hat. Dabei hat der BUND in seiner Klage von Beginn an eine Klimaverträglichkeitsprüfung für die Einzelabschnitte und das Gesamtvorhaben gefordert. Die Klimakrise ist bereits Realität, alle Planungen müssen an geltenden Klimaschutzanforderungen gemessen werden. Bis heute werden die Klimafolgen nicht betrachtet und jeder der 18 Abschnitte gesondert geplant – eine inakzeptable Salamitaktik!"

Auch der Frage des Bedarfs ging das Gericht nicht nach und verwies den BUND an die Politik. Dies, obwohl der BUND im Verfahren nachweisen konnte, daß die Aufnahme der A20 in den vordringlichen Bedarf aufgrund ihrer schwachen Verkehrsbelegung, des niedrigen Nutzen-Kosten-Verhältnisses und der hohen Umweltbetroffenheit nicht gerechtfertigt war. Hinzu kommt eine exorbitante Kostenexplosion: Das Neubauprojekt wird mit 7 Milliarden Euro doppelt so teuer wie im Bundesverkehrswegeplan 2030 veranschlagt. Das sind laut BUND Gelder, die dringend für die Bewältigung der Klimakrise und die Mobilitäts- und Energiewende benötigt werden.

Olaf Bandt, BUND-Bundesvorsitzender, fordert mit Blick auf die Bundespolitik: "Die dieses Jahr anstehende Überprüfung aller geplanten Bundesverkehrsprojekte muß dafür genutzt werden, daß Natur- und Klimaschutz zukünftig zentrale Grundlage für alle Planungen sind. Verkehrsprojekte dürfen nur dann noch aus- und neugebaut werden, wenn sie zur Eindämmung der Klimakrise beitragen. Die Bundesregierung und das Parlament sind jetzt in der Pflicht, den Bau und die Planung aller Fernstraßenprojekte sofort zu stoppen und neu zu bewerten."

Hintergrund:
Im Jahr 2018 hatte der BUND Niedersachsen gegen den Planfeststellungsbeschluß Klage eingereicht. Die Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht fand am 31. Mai 2022 statt. In dieser machte das Gericht deutlich, daß Klimaschutzbelange bei der formaljuristischen Prüfung nicht berücksichtigt würden. Begründet wurde dies mit dem Planfeststellungsbeschluß im Jahr 2018, also vor Erlaß des Klimaschutzgesetzes und des Klimaurteils des Bundesverfassungsgerichts. Der BUND kritisiert diese Argumentation: Auch vor 4 Jahren hätte der Klimaschutz aufgrund von Artikel 20a Grundgesetz, auf den sich das Klimaurteil maßgeblich stützt, berücksichtigt werden müssen.

Die A20 soll über 200 Kilometer Länge von Westerstede in Niedersachsen über einen Elbtunnel bei Drochtersen bis Bad Segeberg in Schleswig-Holstein verlaufen. In Niedersachsen liegen 12, in Schleswig-Holstein 6 Abschnitte. Für keinen der Abschnitte der geplanten A20 liegt bisher ein rechtskräftiger, vollziehbarer Planfeststellungsbeschluß vor. In mehreren Klageverfahren hatte das Bundesverwaltungsgericht für drei Abschnitte bereits Verstöße gegen das Wasser- bzw. Artenschutzrecht festgestellt. Seltene Tierarten wie Großes Mausohr, Moorfrosch oder Pirol sind vom Bau der A20 bedroht.

Der BUND wird in seiner Klage unterstützt durch die Initiativen gegen die A20. Seit Jahren protestieren BUND-Aktive zusammen mit dem Bündnis der A20-GegnerInnen und zahlreichen anderen Umweltorganisationen gegen den Bau der A20 und für eine Verkehrswende.