Berlinale: Polanskis Ghostwriter

Von
Blair zu Brosnan, von Harris zu Polanski: „The Ghostwriter“

Aus Berlin: Martin Koch

Ein junger Sportler-Biograph (Ewan
McGregor) bekommt einen brisanten neuen Auftrag: er soll als
Ghostwriter die Memoiren des ehemaligen britischen Premierministers
Adam Lang (Pierce Brosnan) fertigstellen. Der Vorgänger des
selbstverständlich anonym bleibenden „Ghosts“, Mike McAra, war
zuvor unter mysteriösen Umständen umgekommen. Der neue Mann begibt
sich sofort auf das Insel- Anwesen der Familie Lang und kommt
allmählich einer Verschwörung mit weltumspannender Tragweite auf
die Spur: war Lang aktiv an der Auslieferung britischer Staatsbürger
in amerikanische Foltergefängnisse beteiligt?

Berlinale: Polanskis Ghostwriter

Von
Blair zu Brosnan, von Harris zu Polanski: „The Ghostwriter“

Aus Berlin: Martin Koch

Ein junger Sportler-Biograph (Ewan
McGregor) bekommt einen brisanten neuen Auftrag: er soll als
Ghostwriter die Memoiren des ehemaligen britischen Premierministers
Adam Lang (Pierce Brosnan) fertigstellen. Der Vorgänger des
selbstverständlich anonym bleibenden „Ghosts“, Mike McAra, war
zuvor unter mysteriösen Umständen umgekommen. Der neue Mann begibt
sich sofort auf das Insel- Anwesen der Familie Lang und kommt
allmählich einer Verschwörung mit weltumspannender Tragweite auf
die Spur: war Lang aktiv an der Auslieferung britischer Staatsbürger
in amerikanische Foltergefängnisse beteiligt?

Die Brisanz dieses Films ist doppelter
Natur: einerseits wird hier die britisch-amerikanische Politik
angeprangert, andererseits meldet sich Roman Polanski damit nach
seiner Verhaftung vor einem Jahr mit einem neuen Film zurück. Über
den er wohlgemerkt auch bis zur Finalversion die komplette
künstlerische Kontrolle gehabt haben soll: Anweisungen zur
Postproduktion schickte er seinem Team per Post aus dem Gefängnis
und über die Arbeit zuvor sagte Hauptdarsteller McGregor, die Hälfte
seiner Rolle habe er gespielt, die andere Hälfte Polanski.

Der Macher von Klassikern wie
„Rosemarys Baby“ und „Tanz der Vampire“ und Ärgernissen wie
„Piraten“ und mittelmäßigen Werken wie „Frantic“ oder „Die
neun Pforten“ ist also wieder da und nutzt die wohlwollend
kritisierte Vorlage von Robert Harris für eine stimmige und –
gerade im ersten Drittel – auch beißend ironische Inszenierung.
Reichlich Lacher gab es für das Innenleben des vom Ex-Premier
bewohnten Anwesens, wenn etwa der wackere Schreiber versucht, den
Code der Digitalversion seiner Buchvorlage zu knacken und prompt ein
sündhaft teures Alarmsystem ausgelöst wird.

Dieser humoristische Schwung nimmt
gezwungenermaßen ab, nachdem sich die Handlung von der
Schreibtätigkeit eines „guten Geistes“ zu kritischen Nachfragen
ein „investigativen Dämons“ (beides aus Sicht des als etwas tumb
porträtierten Elder Statesman Lang) verlagert hat. Das ist
einerseits logisch und unerlässlich, deckt aber andererseits
Schwächen in der Dramaturgie auf, da die zuvor kreierte Atmosphäre
weder aufrecht erhalten wird, noch komplett kippt. Zu schnell wird
die Verstrickung Langs in Kriegsverbrechen offensichtlich, als dass
der Zuschauer die Entwicklung der Hauptfigur mit vollziehen könnte,
er ist der etwas unbedarften Hauptfigur tendenziell meist eher ein
Stückchen voraus. Das verhindert echte Aha-Effekte in der
letztendlich grobkörnig bis plump konstruierten
Verschwörungsgeschichte. Gegen Ende gewinnt die Handlung dann aber
doch noch an Schwung und führt zu einem bitterbösen Ende, das
Polanski genüsslich und zugleich mitleidend in bester „Tanz der
Vampire“-Manier ins Bild setzt. Und damit seinen Film eben doch vor
größerer Belanglosigkeit rettet.

Das diese überhaupt aufkommt hat vor
allem damit zu tun, dass der Film als Politthriller den bekannten
Fakten über britisch-amerikanische Verstrickungen und Verschleppung
von Verdächtigen nicht viel Neues abgewinnen kann. Interessant ist
allerdings die Besetzung des Films angesichts der Tatsache, dass die
Figur des Adam Lang stark an den früher mit Autor Robert Harris
befreundeten Tony Blair angelehnt ist. Nun sieht im Film Langs
Gegenspieler und ehemaliger Außenminister dem realen Vorbild Robin
Cook zum Verwechseln ähnlich, ebenso wie Olivia Williams als Langs
manipulative Gattin Ruth durchaus auch als Cherie Blair durchgegangen
wäre. Die Tatsache, dass gerade der Premier selbst von Pierce
Brosnan, den von Tony Blair optisch Welten trennen, gespielt wird
mutet dann doch etwas seltsam an. Schließlich gäbe es da
beispielsweise mal einen Michael Sheen, der Blair schon einmal in
„Die Queen“ gespielt hat. Darüber, ob diese Besetzung
künstlerische, organisatorische oder andere Gründe hat, kann
allerdings nur spekuliert werden.

BU: Wer findet das Kuckucksei? Robert
Pugh vs.Robin Cook, Olivia Williams vs Cherie Blair, Pierce Brosnan
vs. Tony Blair.