Berlinale Blog: Orly

Orly

Aus Berlin: Martin Koch

Ist das nun revolutionäre neue
Kinokunst, oder einfach nur anstrengend und langweilig. Daran
scheiden sich die Geister, aber eines ist klar: Angela Schanelec'
„Orly“ ist ein Film der seinem Publikum vor allem Geduld
abverlangt.

Vier Paare, vier Episoden, angesiedelt
im selben Setting: der Wartehalle des Pariser Flughafens Orly.

Berlinale Blog: Orly

Orly

Aus Berlin: Martin Koch

Ist das nun revolutionäre neue
Kinokunst, oder einfach nur anstrengend und langweilig. Daran
scheiden sich die Geister, aber eines ist klar: Angela Schanelec'
„Orly“ ist ein Film der seinem Publikum vor allem Geduld
abverlangt.

Vier Paare, vier Episoden, angesiedelt
im selben Setting: der Wartehalle des Pariser Flughafens Orly.

Während sich eine junge Frau vor dem Heimflug in einen Fremden
verliebt, reist eine Mutter mit ihrem Sohn zu einer Beerdigung,
gleichzeitig geht ein junges Paar während der Wartezeit immer
stärker auf Distanz zueinander und eine allein wartende Frau traut
sich endlich, den Brief zu lesen, mit dem ihr Ex-Mann zuvor die Ehe
für beendet erklärt hatte. Klingt nach einem ganz normalen
Episodenfilm? Ist es aber ganz sicher nicht!

Das merkt man von Anfang an daran, wie
die Dialoge zwischen den Akteuren gespielt und inszeniert sind. Statt
auf die Entwicklung einer Story und humorvoll-unterhaltsamen
Schlagabtauschen setzt Schalenec auf etwas banaleres, wenn auch auf
seltsame Weise naheliegenderes: die nackte Realität langweiliger
Gespräche. Wenn nun etwas Bruno Todeschini und Natacha Régnier
nicht nach den Regeln der klassischen amerikanischen Drehbuchschule
aufeinandertreffen und nicht ein knalliges Ereignis sie
zusammenbringt, sondern sie aus reiner Langeweile ein paar Worte
wechseln, ist das zunächst einmal sehr respektabel und innovativ.
„Die Charaktere haben nur eine Stunde Zeit und so viel kann man da
eigentlich gar nicht machen“, kommentierte Regisseurin Schalenec
und hatte damit nicht unrecht.

Das Problem ist: als Seherlebnis ist
das nicht unbedingt immer so positiv zu betrachten. Konversationen zu
folgen, die sich spontan assoziierend, aber wenig fantasievoll an der
drögen Realität und der Langeweile des Moments entlanghangeln
müssten sich die meisten Kinozuschauer eben doch mühsam
antrainieren. Warum eigentlich, fragt man sich, schließlich gibt es
sowohl tolle Episodenfilme über Leere und Pausen, etwa Jarmuschs
„Coffee and Cigarettes“ und auch hervorragende, spontan
inszenierte Dialogfilme, wie Linklaters „Before Sunrise“ und
„Before Sunset“. Filme mit denen Schalenec' „Orly“ -
zumindest aus heutiger Sicht – einfach nicht mithalten kann.