Alte und neue Landnutzungskonflikte im Zusammenhang mit dem Nicaragua-Kanal

Alte und neue Landnutzungskonflikte im Zusammenhang mit dem Nicaragua-Kanal

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Der Nicaragua-Kanal ist ein Schifffahrtskanal, der wie der etwas südlicher gelegene Panama-Kanal eine Verbindung zwischen dem Pazifik und dem Atlantik schaffen soll. Die Idee, eine schiffbare Verbindung zwischen den beiden Ozeanen zu schaffen ist nicht ganz neu. Bereits in der frühen Kolonialzeit, also im 16. Jahrhundert wurden von den spanischen Kolonialherren erste Überlegungen zum Ausbau eines Kanals getroffen, der quer durch Nicaragua verlaufen und damit neue Handelsrouten erschließen sollte. Eine erste detailiiertere Machbarkeitsstudie wurde dann im 19. Jahrhundert durchgeführt; damals waren insbesondere die USA und Großbritannien an den Plänen beteiligt. Nach der Einweihung des Panama-Kanals im Jahre 1914 haben sich dann die USA gegen eine Zahlung von 3 Millionen Dollar das Recht gesichert, in der Landenge einen etwa 270km langen Kanal zu bauen. Die Inetntion war damals allerdings nicht das Bauprojekt tatsächlich durchzuführen, sondern es ging vielmehr darum, letztendlich den Bau durch andere Staaten zu verhindern, da der Kanal eine Konkurrenz zu dem Panama-Kanal bedeutet hätte. Die Idee, nun doch einen Kanalbau in Nicaragua vorzunehmen, resultierte aus der These, dass der Panama-Kanal für viele größere Fracht-Schiffe mittlerweile zu eng geworden ist. So wurde 1999 von dem niceraguanischen Präsident Arnoldo Aleman ein Büro eingerichtet, dass sich mit der Ausarbeitung derartiger Pläne beschäftigt und es wurden gesetzliche Grundlagen für Enteignungen geschaffen. In den darauffolgenden Jahren gab es mehrere Verhandlungen zur Finanzierung des Kanals, unter anderem mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und im Juli 2012 hat das niceraguanische Parlament dem Kanalbau zugestimmt. Die Konzession für den Kanalbau wurde im Juni 2013 an das Hongkonger Konsortium HKND Group erteilt. HKND soll 49% und der niceraguanische Staat 51% der Anteile übernehmen. Unklar ist, ob der Chinese Wang Jing hier als unabhängiger Geschäftsmann oder in Verbindung mit der chinesischen Regierung handelt. Das Projekt umfasst neben dem Kanal auch einen Flughafen, eine Pipeline und zwei Häfen. Die Bauarbeiten sollten eigentlich im Jahr 2014 beginnen, offensichtlich gab es bislang noch keinen Baubeginn und es fehlt an einer Machbarkeitsstudie sowie an einer sicheren Finanzierung für das Großprojekt.

Weiterhin waren vielen Organisationen und Einzelpersonen vor den immensen ökologischen und sozialen Auswirkungen des Projektes; was u.a. mit der Zerstörung von Regenwald- und Feuchtgebieten begründet wird, in denen auch viele bedrohte Tierarten wie der mittelamerikanische Tapir, der Jaguar und Klammeraffen beheimatet sind. Weiterhin wird auch befürchtet, dass der Nicaragua-See, das größte Trinkwasser-Resservoir in Mittelamerika von Versalzung und Schadstoffeinträgen gefährdet wäre. Seitens indigener Gruppen sind bislang über 30 Klagen gegen das Projekt eingegangen, da im Zuge des Projektes nicht nur eine Zerstörung natürlicher Lebensbedingungen sondern auch Zwangsumsiedlungen in größerem Maßstab zu erwarten sind.

Wir haben mit Dr. Anne Tittor von der Universität Bielefeld über das Großbauprojekt, dessen soziale und ökologische Auswirkungen sowie die damit in Verbindung stehenden Landkonflikte gesprochen. Heute abend (16.11.2015) wird sie auch im Rahmen der gemeinsam vom Colloquium Politicum der Universität Freiburg und dem AK Ressourcen des Arnold-Bergstraesser-Institutes veranstalteten Vortragsreihe "Ressourcenkonflikte in Lateinamerika" einen Vortrag unter dem Titel "Der Nicaragua-Kanal – Alte und neue Konflikte um Landnutzung im Südosten Nicaraguas" halten. Der Vortrag beginnt um 20 Uhr und findet im Raum 1199 (KGI) statt.