Alewiten gegen Erdogan

Alewiten gegen Erdogan

Ein Aspekt beim Widerstand gegen Erdogan autoritären Regierungsstil kommt in der Berichterstattung quasi nicht vor: An den Demonstrationen nehmen überproportional viele Mitglieder der alewitischen Minderheit teil. Schätzungsweise ein Siebtel der Bevölkerung der Türkei sind Alewiten, türkisch alevi. Es gibt auch sehr viel höhere Schätzungen. Die Alewiten beten nicht in der Moschee, pilgern nicht nach Mekka, glauben nicht an belohnung oder Strafe im Jenseits und haben andere Fastenregeln. Alewitinnen tragen selten ein Kopftuch. Musik und Tanz haben bei Alewiten eine lange Tradition und sie trinken auch Alkohol. Von der sunnitisch orientierten AKP Erdogans fühlen sich die Alewiten zunehmend bedrängt. Insbesondere der zwangsweise sunnitische Religionsunterricht in den Schulen, Alkoholverbote und die Unterstützung der sunnitischen Opposition gegen Asad spielen eine Rolle. Besonders aufgebracht hat die Alewiten auch die Benennung einer geplanten dritten Brücke über den Bosporus nach dem „Sultan Selim, dem Strengen“, auf Türkisch Yavuz Sultan Selim. Sultán Selim ist bekannt für mehrere Massaker an der alewitischen Minderheit in Anatolien. Die Namensgebung geht natürlich auf Erdogan persönlich zurück. Radio Dreyeckland kam auf das Thema im Gespräch mit der Aktivistin Selin, die über nächtliche Auseinandersetzungen mit der Polizei in Ankara berichtete. Abmoderation: Die Anspielung auf Erdogans Gattin Emine ist sexistisch, unsere Gesprächspartnerin hat sich ja auch davon distanziert.