Nazi-Administrator – kein Problem für AK-Vorrat und CCC Hamburg?

Nazi-Administrator – kein Problem für AK-Vorrat und CCC Hamburg?

Am Dienstag, den 03. Juli, veröffentlichten vier Antifa Gruppen ([a²] Hamburg | Antifa Hamburg | Antifa Info | Autonome Antifa Freiburg) gemeinsam eine umfangreiche Recherche zu dem Netzwerkadministrator Robert M., der einer der zentralen Player für deutschsprachige Naziseiten im Internet sein soll. M., der 2005 in Foren angab, dass seine präferierte Rolle im Dritten Reich „The leader of the RSHA (SS-Obergruppenführer Heydrich) or the Gestapo (SS-Gruppenführer Müller)“ gewesen wäre, schulte unter anderem die Betreiber von Thiazi.net 2007 in anonymer Kommunikation. Thiazi.net war bis zur Schließung durch Razzien im Juni 2012 das wohl größte und bedeutendste deutschsprachige Naziforum. Obwohl M, angeblich beteuert 2008 aus der Szene ausgestiegen zu sein, hostete er auf einem von ihm betriebenen Server noch bis Anfang 2011 rund 45 Domains mit rechtsextremen Inhalten. Dies kam nicht zuletzt durch einen aktuellen Prozess gegen mehrere Neonazis in Österreich ans Licht. Gegenüber der TAZ bestätigte die Staatsanwaltschaft Hamburg zudem, dass sie gegen M. wegen des Verdachts der Volksverhetzung ermittelt.

Besondere Brisanz erfährt die Recherche der Antifas dadurch, dass M. im Vorstand des Hamburger Attraktor e.V. sitzt. Der Verein betreibt einen Raum, in dem sich computer- und technikaffine Menschen zum Hacken treffen können. Untermieter des Raumes sind prominente Gruppen wie der Chaos Computer Club, die Ortsgruppe Hamburg des AK Vorratsdatenspeicherung und die Sportfreunde der Sperrtechnik.

Sowohl die Mitglieder des Attraktors, als auch die beteiligten Gruppen sind laut Angaben der Antifas von den Recherchen frühzeitig informiert worden, zeigten aber geringes Interesse an dem Thema. So wurde M. Ende Juni 2012 einstimmig als Vorstand des Attraktor widergewählt (siehe hierzu auch bspw. folgenden Kommentar auf Linksunten).

Nachdem die Mitglieder des Attraktor e.V. sich entsprechend eindeutig hinter ihren Vorstand gestellt haben, bat RDL auch von den „Untermietern“ eine Stellungnahme zu den Anschuldigungen und ob man Konsequenzen in Bezug auf die Zusammenarbeit mit dem Attraktor ziehen würde. Am schnellsten antwortete der Sprecher der Ortsgruppe des AK Vorratsdatenspeicherung, Kai-Uwe Steffens, der zugleich auch einer der Bundessprecher des AK Vorratsdatenspeicherung ist. Er betonte in einer Mail gegenüber RDL, dass es von Seiten des AK Vorratsdatenspeicherung keine öffentliche Stellungnahme zu dem Thema gibt „und das wird sich auch nicht ändern.“ Auf dem letzten Treffen der Gruppe sei „kurz über das Thema gesprochen“ worden und man habe dort „einstimmig beschlossen, uns da herauszuhalten. Wir sehen keinen Grund, uns mit dem Thema weiter zu beschäftigen, Kommentare oder Empfehlungen abzugeben, oder in anderer Form tätig zu werden.

Eine etwas weniger barsche Abfuhr erhielt RDL von der Pressegruppe des Chaos Computer Clubs. In dieser wird betont, dass die Ortsgruppe des CCC in Hamburg eigenständig sei und diese wiederum nur Untermieter im Attraktor sei. “Robert M. war auch Mitglied im CCC e.V., ist jedoch nach Konfrontation mit den Vorwürfen der Antifa aus dem CCC ausgetreten und kein Mitglied mehr. Die Mitglieder des Attraktor e. V. haben trotz der Vorwürfe der Antifa nach ausführlichen Gesprächen Robert M. als Vorstand wiedergewählt, weil sie ihm glauben, daß er aus der Nazi-Szene ausgestiegen ist. Der bundesweite CCC e. V. hat auf diese Vorgänge und Einschätzungen keinen Einfluß, da der Attraktor e. V. eine vollständig unabhängige Institution ist. […] Inwieweit die Poststelle des CCC e. V., die vom CCC-HH in den Räumen des Attraktor e. V. betrieben wird, unter diesen Umständen dort verbleiben wird, ist derzeit Gegenstand intensiver interner Diskussionen. Die Vorwürfe der Antifa beruhen leider auf einer im Kern dünnen Faktenbasis, die nur wenig Anlaß zur Anzweifelung des Ausstiegs von Robert M. aus der Naziszene bieten. Aus der Reaktion des CCC nach Übermittlung der Vorwürfe, die nicht vollständig den Wünschen der Antifa-Aktivisten entsprach, abzuleiten, der CCC wäre tolerant gegenüber rechtsextremen und fremdenfeindlichen Einstellungen, entbehrt jeder faktischen Grundlage. Der Chaos Computert Club hat schon im Jahre 2005 das Vertreten von Rassismus und die Verharmlosung der historischen und aktuellen faschistischen Gewalt http://www.ccc.de/de/updates/2005/unvereinbarkeitserklaerung für unvereinbar mit einer Mitgliedschaft im CCC erklärt und setzt dies auch aktiv im Alltag um.

Eine Antwort hat Radio Dreyeckland bis heute weder von der Orstgruppe Hamburg des CCC noch von den Sportsfreunde der Sperrtechnik - Deutschland e.V. erhalten. Interessant wäre, ob der gesamte AK Vorratsdatenspeicherung mit dem Ergebnis des 'kurzen Gesprächs' seiner Hamburger Ortsgruppe einverstanden ist. RDL hat am 06.07.2012 eine entsprechende Anfrage an den "Bundes"-AK-Vorrat gemailt.

Update 09.07.2012: Interner Streit und öffentliche Schutzbehauptungen des AK-Vorrat nach Anfrage zu Nazi-Administrator