Stadtverwaltung von Istanbul unter Terrorverdacht

Stadtverwaltung von Istanbul unter Terrorverdacht

Der türkische Innenminister Süleyman Soylu hat eine Untersuchung wegen Terrorverdacht gegen die Stadtverwaltung von Istanbul angekündigt. Die Untersuchung sollte "Anzeigen und Feststellungen" nachgehen, wonach Personal, das für die Stadtverwaltung von Istanbul arbeite, in Verbindung zu Terrororganisationen stehe. Soylu zählte die PKK, die Gülenanhänger (FETÖ) und einige linke Splittergruppen auf, ohne klar zu machen, ob sich die Untersuchung gegen alle diese Gruppen oder gegen bestimmte von ihnen richten soll. Zugleich unterstricht Soylu die Bedeutung des Kampfes gegen den Terrorismus auch in den Städten und fragte rhetorisch: "Wir kämpfen gegen die Terroristen in den Bergen, sollen wir gegen die in den Städten nicht kämpfen?" Der Innenminister betonte auch, dass die Untersuchung nichts mit der von der Opposition gehaltenen Stadtverwaltung von Istanbul zu tun habe: "Wir haben mit niemandes Stadtverwaltung etwas zu tun, unsere Aufgabe ist die Bekämpfung des Terrors". 

Der Bürgermeister von Istanbul, Ekrem Imamoglu warf dem Innenminister vor, sich selbst zu widersprechen. Am 12. Dezember habe Soylu erklärt, in der Stadtverwaltung von Istanbul würden 557 Terroristen arbeiten und gestern habe er dann die Zahl von 160 genannt. Er als verantwortlicher Bürgermeister habe von der Einleitung der Untersuchung erst am Sonntagabend um 20 Uhr durch einen Tweet des Innenministers erfahren. Imamoglu erinnerte auch daran, dass bei der Kommunalwahl, Erdogans Kandidat Binali Yildirim sogar durch einen Brief des inhaftierten PKK-Chefs Abdullah Öcalan unterstützt wurde.

Der Sozialdemokrat Imamoglu hatte die Bürgermeisterwahl in Istanbul mit einer kleinen Mehrheit gewonnen. Nachdem Erdogans Partei angebliche Fehler bei der Auszählung geltend gemacht hatte, wurde die Wahl wiederholt und diesmal gewann Imamoglu mit einem noch deutlich größeren Vorsprung. Der Verlust der 15-Millionen-Metropole am Bosporus galt als schwere politische Niederlage für Erdogan.

jk

Update 3. 1.: Nach Recherchen von Oda-TV soll einer der 4 eingesetzten Kontrolleure der Stadtverwaltung von Istanbul Arif Yildirim sein und selbiger soll bei den Parlamentswahlen 2015 auf der Liste von Erdogans AKP in Mersin angetreten sein. Aber vielleicht interessiert die Menschen in der Türkei derzeit ohnehin mehr, dass die Jahresinflation auf 36 % gestiegen ist. Einer Umfrage zufolge glaubten 2 von 3 Befragten, dass die Inflation in Wirklichkeit zwischen 50 und 100 % betrage und nicht wenige sahen sie sogar über 100 %. Dabei hatte Erdogan sich in letzter Zeit öffentlich sehr um die Wirtschaftspolitik gekümmert. Aber die von ihm durchgedrückten Zinssenkungen, haben dann wesentlich dazu beigetragen, dass die Inflation Hopsa macht. Ob es hilft, dass nun auch gegen Sachverständige und ehemalige Zentralbankchefs strafrechtlich ermittelt wird, die es angeblich waren, die den Wert der Lira durch negative Kommentare zu Erdogans Wirtschaftspolitik untergraben haben?