Pro Asyl kritisiert Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Afghanistan

Pro Asyl kritisiert Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Afghanistan

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hat gestern den abschiebungsrelevanten Lagebericht Auswärtigen Amtes zur Lage in Afghanistan als überholt und verharmlosend kritisiert. Der Lagebericht wurde im 15. Juli herausgegeben, gibt aber als Stand den Mai an. Und in der Zwischenzeit ist einiges geschehen. Anfang Mai kontrollierten die Taliban lediglich 32 der 388 Distrikte Afghanistans. Laut Pro Asyl sind es mittlerweile über 200. Nach einem Bericht der United Nations Assistance Mission in Afghanistan, der am 26. Juli veröffentlicht wurde, war die Zahl der getöteten oder verletzten Zivilisten in Afghanistan in den ersten 6 Monaten dieses Jahres um knapp die Hälfte höher als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Nach dem Bericht hat sich insbesondere die Zahl der getöteten Frauen und Mädchen nahezu verdoppelt. Die meisten Opfer gab es im Mai und Juni. Dies fehlt aber im Bericht des Auswärtigen Amtes, stattdessen ist dort wie im letzten Report auch die beschönigende Feststellung zu finden, Afghanistan befinde sich „weiterhin in einer schwierigen Aufbauphase mit einer volatilen Sicherheitslage.“

 

Außerdem wirft Pro Asyl dem AA vor, die Lage von Rückkehrern in Afghanistan zu beschönigen. In dem Lagebericht heißt es, dass dem AA keine Fälle bekanntgeworden seien, in denen Rückkehrer wegen ihres Aufenthaltes in Europa nachweislich Opfer von Gewalt geworden seien. Dem hält Pro Asyl ein Gutachten der Sozialwissenschaftlerin Friederike Stahlmann vom Juni entgegen, wonach über 50 % der Abgeschobenen alleine weil sie in Europa waren durch die Taliban, aber auch durch staatliche Akteure und das soziale Umfeld von Gewalt bedroht sind. Von den Taliban werden sie als Überläufer gesehen und ihnen wird „Verwestlichung“ und Abfall vom Glauben vorgeworfen. Solche Vorwürfe könnten nicht nur von den Taliban, sondern auch aus der eigenen Familie kommen.