NSU-Prozesseröffnung- Opferangehörige kritisieren instinktloses Gericht

NSU-Prozesseröffnung- Opferangehörige kritisieren instinktloses Gericht

Die heute um 13:38 Uhr vom OLG München den Opferangehörigen nach (!) Weitergabe an Medien bekantgemachte Verschiebung der Prozessbeginns auf den 6.5.2013 ist zumindest bei einzelnen Angehörigen der Opfer auf scharfe Kritik gestossen.
"Gamze Kubasik, die Tochter des ermordeten Mehmet Kubasik, empfindet die kurzfristige Verlegung wie einen Schlag ins Gesicht. Wochen und Monate war der Termin für sie und ihre Familie im Fokus, die Anspannung war bis zum Schluss mehr und mehr gestiegen. Endlich sollte nach über 7 Jahren nun mit der Klärung des Mordes ihres Vaters vor Gericht begonnen werden, zum einen eine Erleichterung, zum anderen eine unglaubliche psychische Anstrengung. Lange hatte sich die Familie auf den Prozessauftakt vorbereitet. Dabei waren auch erhebliche finanzielle und organisatorische Hürden zu nehmen. Das Gericht hatte zunächst mitten in einer Messewoche terminiert, Unterkünfte waren schwer bis nicht mehr in München zu finden, die Kostenübernahme für die Reise zunächst ungeklärt. Nach dem Einsatz und der Hilfe vieler Beteiligter und nicht unerheblichen Anstrengungen der Familie war nun trotz aller Widrigkeiten alles organisiert. Und nun keine 2 Tage vorher erfährt ihr Anwalt zunächt nur aus der Presse, dass der Prozessauftakt verschoben wird." Selbstverständlich fiel derEntscheid so , daß das Gericht mit den Angehörigen nicht vorher fernmündlich oder per email vor den Medien Kontakt aufnahm.

Ihre Anwälte erklären darüberhinaus, die vom Gericht angeführte Begründung -Eilentscheid des BVerfG -überzeuge keinesfalls: Hätte das OLG unverzüglich am Freitag nach dem Entscheid seine organisatorischen Vorkehrungen getroffen, wäre eine Verschiebung entbehrlich gewesen: "Dabei war es die vom Bundesverfassungsgericht als wahrscheinlich verfassungswidrig bezeichnete ursprüngliche Akkreditierungsentscheidung des Gerichts von ausländischen Medien, die den Eilbeschluss aus Karlsruhe erst notwendig machte. Nicht umsonst hat das Bundesverfassungsgericht im Eilverfahren entschieden, gerade damit eine Verschiebung des Prozessauftaktes nicht notwendig wird."

"Kleinlichkeit und Peinlichkeit drohen das NSU-Verfahren schon im Vorfeld zu diskreditieren", befand die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, zur Verschiebung des NSU-Prozesses. Sie fährt fort:"Ich kann nur hoffen, dass das OLG München die Verschiebung dazu nutzt, für ein wirklich öffentliches und transparentes Verfahren zu sorgen, das die besonderen Anliegen der NSU-Opfer ausländischer Herkunft ernst nimmt. Kleiner Tipp: Die Kontingente für die türkische, griechische und weitere internationale Presse müssen sich nicht auf drei Plätze reduzieren. Eine Aufstockung könnte jetzt dazu beitragen, zerstörtes Vertrauen in die Arbeit des Gerichts wiederherzustellen."

siehe auch Interview mit Anwalt von Radio Z